Niveau: Einfach bis mittelschwer (ca.5. bis 9.Schuljahr)
Dies ist ein Beispiel eines alternativen Zugangs zum Mathematiklernen. Aufgaben in der Art dieser Artikelserie finden sich in diesem Buch zum mathematischen Forschen und Selber-Entdecken.
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Dies ist die erste Folge von näheren Hinweisen und Lösungsansätzen zu dieser Forschungsaufgabe. Es lohnt sich, vor dem Lesen dieser Hinweise zuerst selber ein paar Stunden lang das gestellte Problem zu erforschen! – Der Artikel mit der Problembeschreibung enthält auch einige pädagogische Hinweise zum Sinn und Nutzen solcher Forschungsaufgaben.
Frage 1 sollte keine Hinweise benötigen; das ist eine einfache Bruchrechnungsaufgabe.
Zu Frage 2: Dies ist natürlich die Hauptfrage!
Ich gehe davon aus, dass du selber schon verschiedene annähernde Kürzungen gefunden hast, bevor du diese Hinweise zu Rate ziehst. (Andernfalls ist entweder die Aufgabe zu schwierig für dich, oder du hast noch nicht ernstlich mit Forschen angefangen.) Wenden wir uns daher zuerst dem zweiten Teil der Frage zu, mit deinen annähernden Kürzungen vor Augen:
Einerseits ist eine annähernde Kürzung "gut", wenn sie einen möglichst kleinen Fehler aufweist. Andererseits aber sollten Zähler und Nenner des neuen Bruchs möglichst klein sein. Du wirst festgestellt haben, dass da, wo es mehrere Möglichkeiten gibt, oft eine von ihnen den kleinsten Fehler aufweist, aber eine andere den kleinsten Zähler und Nenner hat. Um das Beispiel von Susi und Stephan zu nehmen: 10/13 ist auch annähernd 7/9. Bei dieser zweiten Näherung ist der Fehler kleiner (rechne!), aber Zähler und Nenner sind grösser als bei 3/4. Man könnte also diese beiden Näherungen als "gleich gut" bezeichnen.
Vergleichen wir damit die Näherung 4/5. Zähler und Nenner sind grösser als bei 3/4; und auch der Fehler ist grösser. Diese Näherung muss also als weniger gut bezeichnet werden als 3/4 und 7/9.
Wenn wir beide Kriterien zugleich berücksichtigen wollen, könnten wir die "Unvollkommenheit" einer Annäherung definieren als den Fehler multipliziert mit dem Nenner der Näherung. (Das ist eine ziemlich willkürliche Definition. Es ist aber praktischer, zum Multiplizieren den Nenner zu nehmen und nicht den Zähler. Überlege, warum.) Die besten Näherungen wären dann jene mit der geringsten "Unvollkommenheit". Im obigen Beispiel wirst du feststellen, dass 3/4 und 7/9 beide eine Unvollkommenheit von 1/13 haben; während 4/5 eine Unvollkommenheit von 2/13 hat. (Prüfe es nach!)
Nun zum ersten Teil der Frage: Wenn du jeweils die Fehler der "besten" Näherungen ausgerechnet hast, dann solltest du bereits die entscheidende Eigenschaft gefunden haben, die diese auszeichnet. Diese sollte dir helfen, auf relativ einfache Weise diese besten Näherungen zu finden. (Es gibt aber auch so keine ganz direkte Operation dafür!)
– Hast du diese Eigenschaft noch nicht gefunden? Dann pass auf, was beim Ausrechnen des Fehlers passiert; also der Differenz zwischen dem ursprünglichen Bruch und der Näherung:
10/13 – 3/4 = 10·4/13·4 – 13·3/13·4 = 1/52.
Der Fehler wird klein, weil die Differenz zwischen 10·4 und 13·3 genau 1 beträgt. Es geht also darum, Vielfache von 10 bzw. 13 zu finden, die sich um genau 1 unterscheiden.
Eine andere Frage ist nun, wie man solche Vielfache findet. Man kann es einfach ausprobieren, indem man die Folgen der Vielfachen von Zähler und Nenner miteinander vergleicht. Aber vielleicht kann man die Suche effizienter durchführen? Hier kannst du selber weiter forschen. Wir gelangen da in Bereiche der Zahlentheorie, die im normalen Schulunterricht selten zur Sprache kommen. (Für Neugierige: Das Thema hat damit zu tun, wie man den modularen Kehrwert einer Zahl findet.)
Zu Frage 3: Du weisst jetzt, was für Eigenschaften eine "beste" annähernde Kürzung hat. Was für Bedingungen müssen Zähler und Nenner eines Bruchs erfüllen, damit Zahlen mit diesen Eigenschaften überhaupt existieren? – Und wenn solche nicht existieren: Was können wir dann mit dem Bruch machen, anstelle einer "annähernden" Kürzung?
(Auch hier kommen wir wieder auf eine interessante Eigenschaft aus der Zahlentheorie!)
Zu Frage 4: Hier kannst du natürlich unbeschränkt weiterforschen und vom Hundertsten ins Tausendste kommen, bzw. von den Hundertsteln in die Tausendstel … Übe dich in der Kunst, interessante Fragen zu stellen!
Hier nur ein Beispiel, was man noch herausfinden könnte. Stephan, der Experte im annähernden Kürzen, behauptet: "Wenn man zu einem Bruch eine ‚bestmögliche‘ annähernde Kürzung finden kann, dann gibt es immer eine zweite, die ebenso gut ist (nach dem oben definierten Kriterium der ‚Unvollkommenheit‘). Und diese kann man dann auf ganz einfache Weise finden."
Dazu nun die Zusatz-Frage 5:
Stimmt Stephans Behauptung? Kannst du sie beweisen, oder allenfalls widerlegen? Und welches ist das "ganz einfache" Verfahren, mit dem man die zweite Näherung finden kann?
(Nähere Hinweise zu dieser Frage folgen später…)