Perú befindet sich wahrscheinlich unter den Ländern mit den strengsten Quaräntäne-Massnahmen, die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie dienen sollen. Niemand darf sein Haus verlassen, ausser um Lebensmittel oder Medikamente einzukaufen, oder wer im Lebensmittelhandel oder Gesundheitswesen arbeitet. Geschäfte, die nicht zu diesen Sparten gehören, mussten schliessen. (Zusätzlich sind nur noch Banken, offiziell genehmigter Journalismus, sowie natürlich Polizei und Militär erlaubt.) Der Gebrauch sowohl öffentlicher wie privater Verkehrsmittel ist verboten. Auch Warentransporte (ausser Lebensmittel), Post- und Kurierdienste sind stillgelegt; Geschäfte dürfen also auch keine Hauslieferungen durchführen. Nachts und sonntags herrscht totale Ausgangssperre.
Als diese Massnahmen eingeführt wurden, soll gemäss Umfragen die Zustimmung der Bevölkerung zur Regierungspolitik von 52% auf 87% gestiegen sein – während in normalen Zeiten ein peruanischer Präsident ab seinem zweiten Regierungsjahr froh sein kann, wenn er auf über 20% Zustimmung kommt. Das ist anscheinend typisch für Perú, und für die meisten der ehemaligen spanischen Kolonien: Man möchte lieber einem „starken Mann“ folgen, statt selber Verantwortung zu übernehmen. Deshalb ist dieser Teil der Welt ein fruchtbarer Nährboden für alle Arten von Diktatoren.
Aber wie ich aus den Nachrichten vernehme, geschieht dasselbe auch in anderen Teilen der Welt – auch in Europa. Wie ein Kommentator sagte: „Diktaturen werden selten mit Gewalt eingeführt. Viel häufiger begrüsst die Bevölkerung die Zerstörung ihrer Freiheiten mit tosendem Applaus.“
Als Folge dieser seit sechs Wochen geltenden Massnahmen zeichnet sich jetzt eine humanitäre Katastrophe von unabsehbarem Ausmass ab. Das halbe Land ist arbeitslos. Nach einer Umfrage müssen mindestens 29% der Peruaner damit rechnen, auch nach Aufhebung der Quaräntäne ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen zu können.
In Perú gibt es eine umfangreiche innere Migration. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sind hunderttausende von Menschen vom Land in die grösseren Städte, und von dort in die Hauptstadt Lima gezogen. Viele von ihnen arbeiteten dort als informelle Händler auf der Strasse, oder verrichteten einfache Handwerksarbeiten. Alle diese Tätigkeiten sind jetzt verboten. Viele dieser Menschen, die keine Ersparnisse haben, stehen vor dem Hungertod.
Nach Ostern machten sich rund 600 von ihnen auf, um zu Fuss in ihre über 500 Kilometer entfernte Heimat zurückzukehren. Nach etwa 50 Kilometern wurden sie von einer Polizeisperre aufgehalten, nach Lima zurück transportiert und in einem Fussballstadion untergebracht: Sie müssten dort eine 15-tägige Quaräntäne verbringen, und dann werde die Regierung sehen, wie sie Busse organisieren könne für ihre Heimreise.
Aber inzwischen haben sich viele weitere solche Gruppen nach allen Himmelsrichtungen aufgemacht. Die Zahl dieser Migranten wird jetzt auf Zehntausende geschätzt, und könnte bis auf eine halbe Million anwachsen. Einige Gruppen sind aufgehalten worden und übernachten jetzt unter freiem Himmel in Parks und ähnlichen Orten. Andere wandern weiter. Um Nahrung und Wasser zu erhalten, sind sie auf die Grosszügigkeit von Anwohnern angewiesen.
Auch Personen, die eine feste Anstellung hatten, sind betroffen. Statt eine Lockerung der Massnahmen und eine Wiederaufnahme der Arbeit zu verlangen, fiel der peruanischen Handelskammer nichts Besseres ein, als die Regierung um ein erleichtertes Verfahren für Massenentlassungen zu bitten – was auch bewilligt wurde. Niemand hat eine Ahnung, wie die dadurch entstehenden Probleme je gelöst werden sollen.
Die Regierung hat die Regionalregierungen damit beauftragt, Rückführungsoperationen für die Migranten zu organisieren. Doch diese sind damit hoffnungslos überfordert. Über 16’000 Personen haben sich in die Warteliste eingetragen, um in die Region Cusco zurückzukehren; aber der Gouverneur von Cusco hat erklärt, er könne höchstens für 600 Personen die Reise finanzieren. Nach Cajamarca möchten rund 70’000 Personen zurückkehren. In mehreren Regionen funktioniert schon die Warteliste nicht: Die veröffentlichten Internet-Links und Telefonnummern stellten sich als ungültig heraus.
Zu allem Überfluss hat die reisserische Berichterstattung der Massenmedien eine allgemeine Panik verursacht, vor allem in ländlichen Gebieten. An vielen Orten wurden Bürgerwehren organisiert, welche auf eigene Faust alle Zugangswege absperren, damit keine Auswärtigen ins Dorf gelangen können. Auch landwirtschaftliche Märkte können unter diesen Bedingungen nicht mehr stattfinden. Manche dieser Dörfer haben gemeinschaftlich beschlossen, dass sie selbst ihre eigenen Landsleute, die aus Lima zurückkehren, nicht aufnehmen wollen. „Die Regionalregierung soll sich um sie kümmern, aber hierher kommen sie nicht. Das ist ein Beschluss des ganzen Dorfes. Wir alle könnten uns mit diesem Virus anstecken, und dazu sind wir nicht bereit“, erklärte ein Gemeindevertreter der Presse gegenüber.
Wer wird einmal Rechenschaft ablegen müssen für diese alarmierenden Zustände? Die Medien, welche die Gefährlichkeit dieses Virus in unverantwortlicher Weise aufbauschen und übertreiben? Die Politiker, die dem Diktat internationaler Organisationen folgen und sich gegenseitig mit drastischen Massnahmen überbieten, um ihre „Führungsqualitäten“ zur Schau zu stellen? Die Weltgesundheitsorganisation und andere internationale Meinungsmacher, die mit ihren irreführenden und politisch motivierten Verlautbarungen an der allgemeinen Panik auch nicht unschuldig sind?
Wer nicht nur unkritisch die Berichterstattung der Massenmedien übernehmen möchte, dem empfehle ich, sich hier zu informieren. Alle Informationen auf der verlinkten Seite sind mit Quellen dokumentiert. Viele davon stammen von anerkannten Fachleuten, die aber in der Presse kaum zur Sprache kommen.
Quellen zu den obenerwähnten Nachrichten: Meldungen der letzten Woche in „La República“ und „El Comercio„, Lima.