Archive for the ‘Freizeitchemiker’ Category

Unterkühltes Wasser

18. Januar 2020

In einem alten Eintrag berichtete ich über ein Experiment mit einer unterkühlten Flüssigkeit. Durch Zufall haben wir herausgefunden, dass man einen Aspekt jenes Experimentes auch mit gewöhnlichem Wasser beobachten kann, nämlich die Kristallisation einer unterkühlten Flüssigkeit. Nur tritt dabei keine spektakuläre Erwärmung ein wie im Fall der Natriumacetatlösung.

Wir legen jeweils transparente Flaschen voll Wasser auf ein Wellblechdach im Freien, damit es durch das Sonnenlicht desinfiziert wird („SODIS“-Methode). Die Flaschen bleiben über Nacht draussen, auch im Winter, wenn es gefriert. (Im hiesigen Hochlandklima haben wir auch dann tagsüber sehr intensive Sonneneinstrahlung.)
An einem kalten Morgen holten wir eine solche Flasche ins Haus und begannen Wasser daraus in ein Glas zu giessen. Das Wasser in der Flasche war nicht gefroren; aber sobald es ausfloss, begannen sich in der Flasche Eiskristalle zu bilden, bis sie ganz voll Eis war. Man kann den Prozess auch durch Umrühren mit einem Löffel auslösen; oder durch Schütteln der geschlossenen Flasche, sofern sich etwas Luft darin befindet.
Das Wasser in der Flasche war also offenbar unterkühlt gewesen. D.h. seine Temperatur lag mehrere Grade unter dem Gefrierpunkt, und es war trotzdem in flüssigem Zustand geblieben.

Hier haben wir eine Flasche mit solch unterkühltem Wasser:

Flasche mit Wasser

Der folgende Filmausschnitt zeigt den Kristallisationsvorgang: (Das Video braucht evtl. längere Zeit zum Laden.)

Kristallisation

Und hier das Ergebnis:

Wasser gefroren

Ich nehme an, dass das Experiment auch unter anderen klimatischen Bedingungen durchgeführt werden kann (z.B. im Gefrierfach des Kühlschranks). Es müssten dazu aber wahrscheinlich folgende Bedingungen erfüllt sein:
– Die Flasche sollte möglichst keine Luft enthalten.
– Sie muss während des Kühlvorgangs vollständig ruhig liegen.
– Die Kühltemperatur sollte nicht allzu kalt sein. Im Klima unserer Gegend sinkt die Temperatur nachts jeweils von etwa 10 Grad über Null (beim Einnachten) auf etwa 4 bis 7 Grad unter Null (frühmorgens). Das Wasser ist also während etwa acht Stunden einem mässigen Frost ausgesetzt.

Freizeitchemiker: Ammoniumnitrat-Kühlbox

17. September 2010

Dies ist die letzte Folge der Freizeitchemiker-Reihe. Die Interessen unserer Kinder haben sich anderen Dingen zugewandt, und unser improvisiertes Labor bleibt im Schrank eingeschlossen, bis wir irgendwann wieder einmal darauf zurückkommen. (Das ganze Gebiet der organischen Chemie haben wir ja noch kaum erforscht.)

Hier also unser vorläufig letztes Experiment: Die Ammoniumnitrat-Kühlbox. Für uns besonders interessant, weil wir keinen Kühlschrank haben…

Ammoniumnitrat (NH4NO3) konnten wir als Kunstdünger kaufen. Diese Substanz hat die interessante Eigenschaft, dass sie beim Auflösen in Wasser stark abkühlt – es können Temperaturen bis zu 15 Grad unter Null erreicht werden. So bauten wir eine „Kühlbox“ aus zwei verschieden grossen Konservendosen.

In die grössere Dose gaben wir Ammoniumnitrat und Wasser zu gleichen Teilen, sodass die Dose etwa zur Hälfte gefüllt war, und rührten stark um. Dann stellten wir die kleinere Dose mit etwas Wasser hinein. Das ganze wurde gut zugedeckt und mit Tüchern und einer Jacke eingewickelt – damit die Kälte nicht ausläuft.

Nach zwei bis drei Stunden öffneten wir unsere Kühlbox wieder. Tatsächlich hatte sich in der kleineren Dose Eis gebildet!

Konservendosen zu gebrauchen war übrigens keine gute Idee: wenn man das Ammoniumnitrat längere Zeit darin lässt, rosten sie.

Die nächste Entwicklung war dann eine „Eismaschine“. Dafür verwendeten wir zwei Plastikeimer, die rosten nicht. In einem 4-Liter-Eimer konnten wir tatsächlich mit derselben Methode etwa einen halben Liter Speiseeis herstellen. Wir mussten aber darauf achten, dass wir das Ammoniumnitrat anfangs in möglichst kaltem Wasser auflösten.

Wenn man die Kühlbox wiederverwenden will, muss man natürlich von der Lösung das Wasser wieder verdunsten. Das konnten wir mit Hilfe der Sonnenenergie ohne zusätzliche Kosten bewerkstelligen (wie im Teil 6 am Ende beschrieben), wenn man vom Zeitaufwand absieht. Beim ersten Versuch mit einer kleinen Menge verdunsteten wir das Wasser mit Aufkochen. Dabei begingen wir den Fehler, dass wir zu lange kochten. Die Lösung war immer noch flüssig, hatte aber fast kein Wasser mehr. Beim Abkühlen wurde sie steinhart und konnte nur mit grössten Schwierigkeiten wieder aufgelöst werden. So lernten wir, dass man nicht alles Wasser verdunsten sollte, sondern nur so viel, dass eine weiche, körnige Masse entsteht. Ammoniumnitrat hat nämlich noch eine weitere interessante Eigenschaft: In heissem Zustand kann eine grosse Menge Ammoniumnitrat in einer minimalen Menge Wasser aufgelöst werden (870g Ammoniumnitrat in 100g Wasser), aber beim Abkühlen nimmt die Löslichkeit rapide ab.

Mit diesem Experiment haben wir also gelernt, wie man mit Hilfe von Sonnenenergie und einfachsten Hilfsmitteln Eis herstellen kann.

Beim Auskristallisieren von Ammoniumnitrat entstehen übrigens interessante Strömungen in der Lösung, die offenbar mit der erwähnten Löslichkeits-Eigenschaft dieser Substanz zusammenhängen. Hier ein kurzer Filmausschnitt davon.

Wir Seifensieder

6. Juli 2010

Die Herstellung von Seife ist ein klassisches Experiment, das in den meisten Chemiebüchern vorkommt. Normalerweise braucht man dazu Natronlauge, die wir aber nicht kaufen können. In alten Zeiten haben jedoch viele Bauernfamilien ihre eigene Seife hergestellt – ohne Natronlauge. Wie machten sie das?

Die Lauge gewannen sie aus Holzasche, die damals, als es noch keine Gas- und Elektroherde gab, im Überfluss vorhanden war. Wir beschlossen, das auch auszuprobieren. Da hierzulande die meisten Bäcker ihr Brot immer noch im Holzofen backen, konnten wir problemlos einige Kilo Asche bekommen.

Die Asche wird gesiebt, damit sie frei von Fremdkörpern und unvollständig verbrannten Holzstücken ist.

Das ist das Zubehör für den nächsten Schritt. Der Boden eines Plastikgefässes (ganz links) wird mit Löchern versehen, und darüber wird eine Schicht grober Sand oder kleine Kieselsteine eingefüllt. Darüber kommt eine Schicht Stroh (rechts davon bereitgestellt). Stroh und Sand bilden zusammen den Filter. (Laugen kann man nicht mit Filterpapier oder Stoff filtern, da sie solche Substanzen auflösen!) Darüber kommt die Asche (rechts davon). Das so gefüllte Filtergefäss wird über einen leeren Eimer gestellt (ganz rechts). Dann wird heisses Wasser eingefüllt. Dieses löst nach und nach die Lauge aus der Asche und tropft durch die Löcher im Boden langsam in den Eimer. Wenn es nicht mehr tropft (nach mehreren Stunden), kann man das Wasser aus dem Eimer nochmals über die Asche giessen und ein zweites Mal durchlaufen lassen.

Oben: Hier tropft die Lauge in den Eimer…

Dann muss die Lauge durch Verdunsten des Wassers konzentriert werden, z.B. durch Aufkochen (dazu darf man aber weder Metall- noch Glasgefässe verwenden!). Wir brauchten stattdessen unseren Solar-Verdunster dazu (siehe 6.Teil). Traditionellerweise soll die richtige Konzentration früher dadurch festgestellt worden sein, dass ein Ei in der Lauge obenaufschwimmt. Das Ei ist nach diesem Versuch aber nicht mehr essbar. – Wir stellten die Konzentration stattdessen durch Titration fest, was wir zuvor bereits geübt hatten (Teil 7).

Jetzt sind wir also bereit zum eigentlichen Seifensieden. Fett oder Öl wird zusammen mit der Lauge unter ständigem Umrühren etwa eine halbe Stunde lang im Wasserbad aufgekocht.

Auf diese Weise entsteht Kaliseife, die weicher ist als Natriumseife, da die Aschenlauge Kalium statt Natrium enthält. Man kann sie in Natriumseife verwandeln, indem man etwas Kochsalz dazugibt. Rechts im grösseren Geschirr ist die Kaliseife, links im Becher die hartgewordene Natriumseife:

Natürlich ist diese Seife längst nicht so fein wie die industriell hergestellte. Die Zutaten sind nicht so rein, und die Aschenlauge ist nicht so reaktiv wie Natronlauge, weil sie mehr Karbonat als Hydroxid enthält. Ich erhielt zwei Verbesserungsvorschläge:

– Durch längeres Aufkochen der Lauge (noch ohne das Fett) sollte mehr CO2 frei werden, sodass sich ein Teil der Karbonate in Hydroxide verwandelt.
– Derselbe Effekt kann durch Zugabe von gelöschtem Kalk erreicht werden; das ist wirksamer, braucht aber auch längeres Aufkochen und/oder Schütteln.

Wir kamen noch nicht dazu, das auszuprobieren – wir haben leider nicht mehr so viel Zeit für unsere chemischen Experimente. Vielleicht bei anderer Gelegenheit. Wir schätzen es jetzt mehr, unsere Seife im Laden kaufen zu können, seit wir uns vorstellen können, wieviel Arbeit dahintersteckt…

Säure-Base-Indikator, hausgemacht

8. Mai 2010

Ein Säure-Base-Indikator ist ein Farbstoff, der je nach dem Säuregrad (pH-Wert) seine Farbe ändert. Ein „Muss“ für unser Freizeitchemiker-Hauslabor! – Der bekannteste natürliche Indikator ist Rotkohlsaft. Leider ist Rotkohl in unserer Gegend unbekannt. Wir fanden aber durch Probieren heraus, dass derselbe Farbstoff auch im rötlichen Teil der Schale von Räben (für Nicht-Schweizer: weisse Rüben) enthalten ist, die in unserem Garten wachsen. (Ausserdem auch in den Blütenblättern von vielen Blumen wie z.B. Geranien, roten Rosen, Hortensien, u.a; dort aber oft vermischt mit anderen Farbstoffen.)

Das übliche Verfahren besteht darin, die Räbenschalen (pardon, weisse Rüben) bzw. den Rotkohl aufzukochen und den Saft aufzubewahren. Dieser ist aber nicht allzulange haltbar. Jemand kommentierte im Internet, man könne den Rotkohl bzw. die Schalen trocknen und so aufbewahren, und jeweils bei Bedarf die Indikatorflüssigkeit herstellen.

Als Alternative fanden wir, dass man den Farbstoff auch in Alkohol auflösen kann. Er ist im Alkohol sogar besser löslich, sodass Aufkochen unnötig ist: man kann die Schalen einfach einen Tag lang im Alkohol liegen lassen. Die entstehende Lösung ist jedoch sehr verdünnt. Wir haben deshalb denselben Alkohol mehrmals für jeweils neue Räben-/Rübenschalen verwendet. So nahm die Konzentration des Farbstoffs zu. Der Kohlgeruch auch; das hat aber ausser Nasenrümpfen bis jetzt keine unerwünschten Nebenreaktionen hervorgerufen.

Die alkoholische Lösung ist viel besser haltbar als die wässrige Lösung. Man muss sich jedoch jeweils vergewissern, dass der Alkohol nicht auf unerwartete Weise mit den zu prüfenden Substanzen reagiert.

Lackmuspapier kann man so auch herstellen, indem man einen Streifen saugfähiges Papier (z.B. Zeitungspapier) in die konzentrierte alkoholische Lösung einlegt und dann an der Luft trocknen lässt.

Verschiedene haushaltübliche Substanzen können verwendet werden, um den pH-Indikator zu testen. Z.B:

Säuren: Essig, Orangen- oder Zitronensaft (überhaupt die meisten Fruchtsäfte), Erfrischungsgetränke, Entkalkungsmittel.

Basen: Reinigungsmittel, Backsoda, Medikamente gegen Magenbrennen, gelöschter Kalk, (weisse) Holzasche.

Den Farbwechsel eines pH-Indikators zu beobachten, gehört zu den faszinierendsten Chemie-Experimenten für Kinder. Nachdem sie einmal verstanden hatten, wie der Indikator reagiert, war der nächste Schritt, eine Säure allmählich mit einer Base zu neutralisieren (oder umgekehrt) und den Punkt der Neutralisation festzustellen. Als dritter Schritt wurde dieser Vorgang dann quantitativ gemessen und berechnet (Titration).

Wir Freizeitchemiker (6.Teil): Natriumacetat – Übersättigte Lösung

12. April 2010

Es ist wieder einmal an der Zeit, einen kleinen Einblick in unser Heimschul-Chemielabor zu geben. Wir fabrizierten einen einfachen Wärmebeutel:

Natriumacetat (CH3COONa) entsteht, wenn man Essigsäure mit einer natriumhaltigen Base neutralisiert, wie z.B. Natriumbikarbonat (Backsoda). Diese Reaktion ist an sich schon interessant, weil dabei viel Kohlendioxid freigesetzt wird; wenn man eine grössere Menge Essig mit Soda vermischt, schäumt es tüchtig. So kann man z.B. einen künstlichen „Vulkan“ machen; oder man kann mit dem entstehenden Kohlendioxid eine Flamme auslöschen. (Da Kohlendioxid schwerer ist als Luft, kann man es z.B. aus einem Becher in einen anderen „giessen“. Eine Kerze, die im Becher brennt, löscht dabei aus.)

Um möglichst reines Natriumacetat zu erhalten, sollte der Essig w.m. genau neutralisiert werden. Man kann entweder die benötigten Mengen ausrechnen und abmessen (sofern man die Konzentration des Essigs kennt), oder man kann es ausprobieren, indem man allmählich mehr Soda in den Essig gibt, bis es nicht mehr schäumt. Dabei muss jedoch die Flüssigkeit ständig geschüttelt und/oder erhitzt werden, damit kein Kohlendioxid im Wasser gelöst bleiben kann. Ist die Lösung zu basisch, schäumt sie bei Zugabe von Essig; ist sie zu sauer, dann schäumt sie bei Zugabe von Soda.
(Für unser Experiment brauchten wir einen Liter fünfprozentigen Essig und 70g Soda.)

Evtl. kann man Natriumacetat auch kaufen (hier bei uns aber nicht).

Von der Lösung bei schwacher Hitze (ca. 90ºC) das Wasser verdampfen, bis nur noch wenig Wasser vorhanden ist. Nach dem Abkühlen sollte sich ein leicht feuchter Teig bilden, etwa so weich wie Plastillin; er kann aber körnig sein, das macht nichts. (Sollte die Masse ganz hart werden, muss man wieder ein wenig Wasser dazugeben.)

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Experiment: Ein Wasserstoffballon

30. Januar 2010

Beim Auflösen von Metallen in einer Säure entsteht Wasserstoffgas. Dieses Gas ist leichter als Luft. Unsere Kinder fragten deshalb, ob man damit einen Ballon füllen und fliegen lassen könnte. So probierten wir es aus.
Anfänglich hatten wir einige Schwierigkeiten mit diesem Experiment; aber mit der Zeit fanden wir heraus, worauf man achten muss, dass es funktioniert. Die untenstehenden Hinweise sind die Frucht von einigen Stunden des Ausprobierens.
Es ist auch nicht ganz ungefährlich: Wenn sich Wasserstoff mit Sauerstoff vermischt, entsteht Knallgas, das mit dem kleinsten Funken explodieren kann. Es empfiehlt sich daher, diesen Versuch im Freien durchzuführen, und den Ballon nicht Kindern unbeaufsichtigt als Spielzeug zu überlassen.

Bei unserem Versuch benutzten wir Aluminiumfolie und Salzsäure. Salzsäure ist die einzige starke Säure, die für uns erhältlich ist. Aluminium hat den Vorteil, dass es immer von einer dünnen Schicht Oxid überzogen ist. Diese Schicht muss von der Säure zuerst aufgelöst werden, wobei noch kein Wasserstoff entsteht; erst danach beginnt die eigentliche Reaktion mit dem Aluminium. Diese Verzögerung gibt uns Zeit, den Ballon richtig zu befestigen. (more…)

Der Freizeitchemiker vierter Streich: Zwei unserer Experimente

23. Dezember 2009

In früheren Artikeln berichtete ich über unseren Start als Freizeitchemiker, im Rahmen des „homeschooling“-Programms (in Ermangelung eines besseren Ausdrucks) unserer Kinder. Nun möchte ich ab und zu einige unserer Experimente vorstellen.

Gase reagieren miteinander

Sowohl Salzsäure wie Ammoniak sind als wässrige Lösungen bekannt; im reinen Zustand sind sie aber bei Raumtemperatur gasförmig und reagieren sichtbar miteinander:

HCl + NH3 -> NH4Cl

Das Reaktionsprodukt, Ammoniumchlorid, ist ein weisses Pulver, das als feiner Rauch oder Ablagerung sichtbar wird.

Vorsicht: Beide Substanzen können die Haut angreifen. Gummihandschuhe tragen!

Wir haben die Reaktion auf zwei Arten sichtbar gemacht:


1. Man befeuchtet ein Stück Watte mit Salzsäure und ein zweites Stück Watte mit Ammoniaklösung. Ein verschliessbares Glasrohr wird waagrecht gehalten; man stösst den einen Wattebausch mit Hilfe eines Bleistifts o.ä. ganz hinein und den anderen nur gerade bis unter den Deckel, dann verschliesst man das Rohr und lässt es eine Zeitlang liegen.

Schon bald beobachtet man einen feinen weissen Nebel im Rohr (oben). Einige Zeit später bildet sich ein weisser Ring an einer Stelle der Wand des Rohres (unten).

(Eigentlich sollte sich dieser Ring in der Mitte des Rohres befinden. In unserem Experiment hat sich aber anscheinend das Ammoniakgas viel stärker ausgedeht als das Salzsäuregas, sodass der Ring ganz auf der Seite del Salzsäure entstand.)


2. Man legt zwei kleine Plastikbehälter (Flaschendeckel o.ä) nebeneinander und gibt in den einen einige Tropfen Salzsäure, in den anderen einige Tropfen Ammoniaklösung. Über den Gefässen bildet sich ein feiner weisser Rauch.

Die Flüssigkeiten müssen separat gehalten werden, da bei Vermischung die Reaktion innerhalb der Flüssigkeit stattfindet und nicht sichtbar wird.


Magnesiumblitz

Kann man mit Wasser ein Feuer anzünden? Ja, und zwar ein ziemlich heftiges, wenn man die geeigneten Substanzen dazu hat. (Dies war das Experiment, das unseren Kindern bis jetzt von allen am meisten gefiel.)

Man mischt 50 mg (MILLIgramm!!) Magnesiumpulver mit 125 mg pulverisiertem Silbernitrat und formt ein kleines Häufchen aus der Mischung. (Silbernitrat ist in der Apotheke erhältlich. Das Magnesiumpulver machten wir aus dem Gehäuse eines metallenen Bleistiftspitzers, das wir mit Metallschleifpapier abschliffen. Diese Spitzer bestehen meistens aus Magnesium, was die Klinge vor dem Rosten schützt.) Es ist wichtig, die Substanzen auf einer völlig trockenen, feuerfesten Unterlage und mit einem völlig trockenen Werkzeug zu mischen. Auf keinen Fall grössere Mengen als die angegebenen benutzen!

Man befeuchtet einen langen Glasstab oder Draht, sodass am Ende ein kleiner Wassertropfen hängenbleibt. Diesen lässt man vorsichtig (Abstand halten!) auf die Mischung fallen. Das Ergebnis ist explosiv…

Erklärung: Magnesium ist viel reaktiver als Silber. Es wird deshalb von den Silber-Ionen sofort oxidiert, was Wärme produziert. Bei höheren Temperaturen zersetzen sich die Nitrat-Ionen (NO3), wobei Sauerstoff frei wird, der die Verbrennung des Magnesiums zusätzlich beschleunigt. Diese Reaktion kann in trockenem Zustand nicht stattfinden, weil es zuwenig Berührungspunkte gibt zwischen dem Silbernitrat und dem Magnesium. Das Wasser löst das Silbernitrat auf und bringt es so in Berührung mit dem Magnesium.

Wegen der intensiven Flamme wurde in den Anfangszeiten der Photographie Magnesium verwendet, um einen Blitz zu erzeugen. (Aber wohl kaum mit Silbernitrat, das wäre zu teuer gewesen…)

Quelle für dieses Experiment (auf Englisch): http://woelen.com

Der Freizeitchemiker dritter Streich: Der erste Laborzwischenfall

21. November 2009

Dies geschah bei einem unserer ersten Chemie-Experimente. Es ging darum, den Siedepunkt verschiedener Flüssigkeiten zu bestimmen. Mein Sohn heizte über einer Flamme ein Reagenzglas mit ein wenig Flüssigkeit und einem Thermometer. Ich hatte ihm soeben beigebracht, wie er das Reagenzglas halten musste: etwas schräg, vom Gesicht und von anderen Leuten weg, und den Reagenzglashalter am Ende anfassen, nicht zu nahe am Glas.

Eine der zu bestimmenden Flüssigkeiten war Alkohol. Anscheinend hatte Unterchemiker Josias den Siedepunkt verpasst und heizte weiter, denn plötzlich spritzte halb gasförmiger Alkohol aus dem Glas, lief dem Glas entlang nach unten und entzündete sich über der Flamme. Reagenzglas und Thermometer standen einige Sekunden lang in hohen Flammen, bis der verspritzte Alkohol verbraucht war. Nun war mein Sohn heilfroh, dass er das Reagenzglas richtig gehalten hatte, denn so war niemandem etwas passiert!

Man könnte jetzt sagen, dieses Experimentieren sei zu gefährlich. Ich bin aber nicht dieser Meinung. Ich bin sogar froh, dass dieser Zwischenfall ziemlich am Anfang passiert ist. Unsere Kinder wissen jetzt, wozu die Sicherheitsvorkehrungen dienen, und halten sich daran. Seither haben wir eine Menge Experimente gemacht (auch gefährlichere), und es gab keinen einzigen Zwischenfall mehr. Ausser dass einmal ein Reagenzglas beim Reinigen zu Bruch ging.

Das folgende Zitat scheint mir in dieser Hinsicht erwähnenswert. Ein Lehrer machte eine Umfrage über „experimentelle Erlebnisse“ in der Kindheit, und schreibt folgendes:

„Es stellte sich heraus, dass früher (gemeint sind die Jahre vor 68!) ganz andere Experimente möglich waren. Die Kinder wuchsen damals freier – im Sinne von unbeaufsichtigt – auf. Weniger Einengung, weniger Vorschriften, aber auch weniger Sicherheitsdenken ermöglichten Experimente, die aus heutiger Sicht grausamer (mit Tieren) oder gefährlicher (Wald, Material) wären. Eindrucksvoll zeigt dies der folgende Text:
… Als Kinder sassen wir in Autos ohne Sicherheitsgurten und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt in strahlenden Farben voller Blei und Cadmium. Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen genauso wie die Flasche mit Bleichmittel. Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen. Auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm. Wir tranken Wasser aus Wasserhahnen und aus Brunnen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar. Wir verliessen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Strassenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren, und wir hatten nicht einmal ein Handy dabei. Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne, und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld ausser wir selbst. Keiner fragte nach „Aufsichtspflicht“. Wir kämpften und schlugen einander manchmal bunt und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht. Wir assen Kekse, Brot dick mit Butter beschmiert und gingen trotzdem nicht „auseinander“. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche, und niemand starb an den Folgen. Wir hatten weder Playstation, Videospiele, 164 Fernsehkanäle, eigene Fernseher, Computer noch Internet mit Chat-Rooms. Wir hatten nur Freunde. Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Strasse. Oder wir marschierten zu denen heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln, wir gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer Eltern. Keiner brachte uns, und keiner holte uns. Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Steinen. Ausserdem assen wir Würmer. Und die Prophezeiungen trafen nicht ein: Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter (…) Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung. Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Das war klar und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstossen hatte, hauten ihn die Eltern nicht aus dem Schlamassel heraus. Ganz im Gegenteil. Sie waren der gleichen Meinung wie die Polizei. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit alldem wussten wir umzugehen. Du gehörst auch dazu! Herzlichen Glückwunsch!

(Aus: Gerd Oberdorfer, „Die Forscherkiste“)

Kein weiterer Kommentar dazu. Nur noch eine Anmerkung zum Experiment mit dem Siedepunkt. Eine weitere interessante Lernerfahrung fand statt, als unsere Kinder feststellten, dass einige ihrer gemessenen Werte nicht mit den Daten im Lehrbuch übereinstimmten: Wasser 88ºC (statt 100º), Alkohol 66º (statt 78º). Hatten sie falsch gemessen? War das Thermometer nicht richtig geeicht? Oder war das Lehrbuch im Unrecht (kommt manchmal auch vor)? – Nichts von alldem. Wir wohnen im peruanischen Hochland auf 3500 Metern über Meer, und da sieden Flüssigkeiten eben bei niedrigeren Temperaturen als auf Meereshöhe. Das selber nachzumessen, ist natürlich viel eindrücklicher als es einfach theoretisch gelehrt zu bekommen.

Wie wir Freizeitchemiker unsere Chemikalien fanden

7. November 2009

Ich werde nicht gerne politisch, aber leider beeinflusst die Politik heutzutage sogar unsere Hobbies. Die USA nehmen ihren „Krieg gegen Drogen und Terror“ zum Anlass (oder Vorwand?), den Verkauf der meisten Chemikalien zu verbieten, da sie zur Herstellung von Drogen oder Sprengstoff verwendet werden könnten. (Privatpersonen können heute in den USA nicht einmal mehr Jodtinktur oder Zitronensäure kaufen, ohne sich einer komplizierten Befragung und Registrierung zu unterziehen!) Da Perú mit den USA auf gutem Fuss stehen möchte, ist diese Tendenz auch hierzulande spürbar. Jodtinktur können wir zwar noch kaufen, aber um Ammoniaklösung oder Natronlauge zu bekommen, müssten wir ein registriertes Unternehmen eröffnen… Meine Frau ist darauf hingewiesen worden, dass auch der Verkauf von Salzsäure demnächst verboten wird (dabei tragen wir alle in unseren eigenen Mägen Salzsäure mit uns herum). – Soweit ich informiert bin, geschieht in Europa Ähnliches.

Ich erlaube mir hier meine Meinung kundzutun, dass diese ganze Registrierung und Kontrolle ein Witz ist (oder ein schlauer Schachzug von „Big Brother“?). Wer die Gesetze umgehen will, findet immer einen Weg, das zu tun. Der Geschädigte ist der Normalbürger, der in seinem redlichen Bemühen gehindert wird, nützliche Produkte zu erwerben. Um etwas theologisch zu werden: Das Gesetz bewirkt (vielleicht) Erkenntnis der eigenen Bosheit (Sünde), aber es befreit nicht davon (frei nach Römer 3,20).

Und was die Gefährlichkeit von Chemikalien betrifft, gibt es einen zusätzlichen Witz: Als „Lejía“ (was eigentlich Natronlauge heisst) wird hier in jedem Laden Bleich- oder Javelwasser (Natriumhypochlorit) verkauft. Dieses setzt im Kontakt mit Säuren (z.B. Essig) giftiges Chlorgas frei, was Natronlauge nicht tut. – Ausserdem können selbst „ungefährliche“ Substanzen, die in fast jedem Haushalt anzutreffen sind, unter bestimmten Voraussetzungen explosiv werden. (Details dazu werde ich nicht verraten, da vielleicht meine Buben oder andere Unbefugte mitlesen…)

Wir haben inzwischen unser Ammoniak mit Hilfe von gelöschtem Kalk und Kunstdünger selber hergestellt (jedes Ammoniumsalz dient dazu). Auch Chlorgas haben wir gemacht (siehe oben), unter kontrollierten Bedingungen natürlich.

Meine Frau brachte einen Tag damit zu, Chemikalien zu suchen. Frei erhältlich waren nur Natriumbikarbonat (Backsoda), Salzsäure (z.Z. noch), Silbernitrat, gelöschter Kalk und verschiedene Kunstdünger; das war schon fast alles. Schliesslich fand sie immerhin noch Schwefel und Kupfersulfat – das gab es in keinem Laden und in keiner Apotheke, aber am Marktstand eines obskuren Medizinmannes. Es scheint, dass wir allmählich zum Mittelalter zurückkehren, als Chemie die esoterische Kunst einiger weniger eingeweihter Alchemisten war…

Schwefelsäure ist verboten; aber wenn wir welche bräuchten, könnten wir natürlich eine alte Autobatterie öffnen.

Metalle: Perú ist ein grosser Produzent von Kupfer, Eisen, Silber und Gold. Bleidrähte werden als elektrische Sicherungen verwendet. Andere Metalle sind hingegen schwierig zu finden. Erst seit ganz kurzer Zeit kann man im Supermarkt Aluminiumfolie kaufen. In allen grösseren Eisenwarenhandlungen und Elektrogeschäften suchte ich vergebens nach Magnesium und Zink. Dann las ich, dass metallene Bleistiftspitzer meistens ein Gehäuse aus Magnesium haben (um die Klinge vor dem Rosten zu schützen); mit ein wenig Glück konnten wir einen solchen finden.

Jetzt haben wir also einige Chemikalien, mit denen man interessante Experimente machen kann. Ein andermal mehr darüber…

Wir werden Freizeitchemiker

24. Oktober 2009

Wie in früheren Beiträgen berichtet, gehen unsere Kinder nicht zur Schule – sie lernen (fast) alles Notwendige zuhause. Unsere Gründe dafür sind in anderen Artikeln der Kategorie „Aus der Schule geplaudert“ nachzulesen.

Dank den Wünschen unserer Kinder steht dieses Jahr Chemie auf unserem Lehrplan. Somit begannen wir, ein kleines Labor einzurichten und erste Experimente zu starten. Josias (11 Jahre) ist zum (Unter-)Chemiker ernannt worden und David (bald 10 Jahre) zum Laboranten. Das bedeutet, dass nach jedem Experiment Josias den Laborbericht schreibt, während David die Reagenzgläser und anderes Gerät reinigt. Bei den Experimenten machen natürlich beide mit, wobei Papi die heikleren Teile übernimmt und aufpasst, dass nichts schiefgeht.

Wir sind froh, dass die Moore-Academy, unter deren Aufsicht wir arbeiten, uns viel Freiheit lässt in der Lehrplangestaltung. So können wir ohne weiteres die Grundbegriffe der Chemie jetzt schon behandeln und dafür andere Stoffe auf später aufschieben. Wenn die Interessen der Kinder mit einbezogen werden, sind sie viel motivierter zum Lernen. Wir stellten fest, dass sie trotz ihres jungen Alters das Wichtigste recht gut verstanden. Atommodelle, chemische Verbindungen und Massenverhältnisse waren kein grosses Problem für sie. Fortgeschrittenere Dinge, wie z.B. ein Ionengleichgewicht zu berechnen, lassen wir einfach noch beiseite.

Papi musste also seine verstaubten Chemiekenntnisse ausgraben und einige interessante Experimente zusammenstellen. Ausserdem mussten wir Laborgeräte und Chemikalien beschaffen – war nicht immer so einfach.

Unsere Kinder sind bereits über das Stadium der „Kinder- und Haushalt-Experimente“ hinaus, die man in jedem Experimentierbuch für Anfänger findet – wie z.B. Backsoda mit Essig zu übergiessen, solche Dinge kannten sie bereits. (Das einzig Neue daran war, die chemische Formel für den Vorgang aufzuschreiben.) Wir machen also hauptsächlich „mittelschwere“ Experimente, d.h. Experimente, die unter Aufsicht eines Erwachsenen durchgeführt werden sollten, da sie etwas schwierigere Prozeduren und/oder potentiell gefährliche Substanzen erfordern – aber doch nicht so schwierige, dass sie nur Fachleuten zugänglich wären.

Ein Problem war, dass unsere Kinder am liebsten Explosionen machen würden. Ich musste ihnen beibringen, dass das nicht so ungefährlich ist, wie es in den Trickfilmen aussieht! Sie haben jetzt aber auch Gefallen gefunden an den nicht-explosiven Experimenten.

Dank Internet konnte ich manche nützliche Information finden. Noch kenne ich nicht viele Chemieseiten, aber die folgenden fand ich interessant als Quellen für einige Experimente:
http://www.versuchschemie.de
http://www.woelen.com  (auf Englisch)
http://centros5.pntic.mec.es/ies.victoria.kent/Rincon-C/RINCON.HTM  (auf Spanisch)
Leider werden wir viele der dort vorgestellten Experimente nicht ausführen können, weil sie entweder spezielle Chemikalien erfordern oder zu gefährlich sind. Einige konnten wir dennoch machen.
– Ausserdem kann man in Wikipedia (http://www.wikipedia.org) Informationen finden über die Eigenschaften der meisten chemischen Verbindungen.

Unser Labor

Was wäre ein Chemiker ohne Reagenzgläser? oder Rund- und Erlenmeyerkolben? Um den Kauf solcher Geräte kamen wir nicht herum. Hier also die notwendige Minimal-Einrichtung:

Manch anderes Zubehör kann man mit ein wenig Kreativität selber basteln (siehe Foto unten):
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