Archive for Dezember 2010

Nicht ganz weihnächtliche Grüsse…

26. Dezember 2010

Nein, ich konnte dieses Jahr keine Weihnachtsgrüsse versenden. In anderen Jahren habe ich das manchmal getan. Nicht, weil ich wirklich daran glaubte, Weihnachten sei ein echt christliches Fest; aber weil es eine Zeit des Jahres ist, in der einige Menschen immerhin etwas sensibler werden für die Person Jesu.

Doch dieses Jahr hatte ich einfach keine „guten Nachrichten“ zu versenden. Stattdessen ist mein Herz schwer von traurigen Nachrichten und traurigen Zuständen, sowohl in nächster Nähe wie auch weit weg. Zwei der „Nachrichten“, die mich besonders beschäftigen, stehen in den beiden Artikeln, die ich ebenfalls heute veröffentlicht habe. Sie sprechen Dinge an, bei denen man lieber wegsehen und weghören möchte. (Deshalb veröffentliche ich sie erst nach Weihnachten, um den Lesern die Freude am guten Weihnachtsessen nicht zu verderben…) Aber gerade diese Dinge müssen gehört werden, wenn wir Teil dessen sein möchten, was Gott heute tut.

Massaker an Unschuldigen: Das Christentum im Irak ist vom Aussterben bedroht

Wie gross ist diese Finsternis!

Die beiden Artikel, obwohl aus ganz unterschiedlichen Weltecken und Hintergründen, haben einen traurigen inneren Zusammenhang: Im Osten arbeitet die extrem-islamische Verfolgung gezielt und grausam auf die Ausrottung des Christentums hin. Im Westen erreichen die offiziellen Kirchen mit ganz anderen, aber ebenso wirksamen Mitteln dasselbe.

Ist das wirklich die Zeit, einander Weihnachtsgrüsse zu schicken, jene zu beschenken, die einen wiederum beschenken, und jene einzuladen, die einen wiederum einladen? Ist das nicht viel eher die Zeit, in Sack und Asche zu gehen, und einen dringenden Hilfeschrei zum Himmel zu erheben? Wie seinerzeit Jesaja ausrief:

„Blicke herab vom Himmel und schaue hernieder von deiner heiligen, herrlichen Wohnstatt! Wo ist dein Eifer und deine Stärke? das Wallen deiner Liebe und deines Erbarmens? Halte dich doch nicht zurück, denn du bist unser Vater! (…) Warum lässest du uns, o Herr, abirren von deinen Wegen? verhärtest unser Herz, dass wir dich nicht fürchten? Kehre wieder um deiner Knechte, um der Stämme willen, die dein eigen sind.
Warum schreiten die Gottlosen durch deinen Tempel, zertreten unsere Feinde dein Heiligtum? Warum sind wir geworden wie solche, die du nie beherrscht hast, die nicht nach deinem Namen benannt sind?
O dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass vor dir die Berge erbebten, gleichwie Feuer Reisig entzündet, wie Feuer Wasser ins Wallen bringt, damit dein Name deinen Feinden kundwürde und vor dir die Völker erzitterten, indem du furchtbare Dinge tätest, die wir nicht erhofften, wie man sie von Urzeit an nie vernommen! …“
(Jesaja 63,15-64,4 … usw, die ganze Fortsetzung von Kap.64)

Massaker an Unschuldigen: Das Christentum im Irak ist vom Aussterben bedroht

26. Dezember 2010

Der folgende Artikel wurde mir vom argentinischen Zweig der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ zugesandt (Übersetzung aus dem Spanischen):

Massaker an Unschuldigen: Das Christentum im Irak ist vom Aussterben bedroht

Weihnachten sollte für das Volk Christi eine Zeit grosser Freude sein (Lukas 2,10-11). Aber für unsere christlichen Brüder und Schwestern im Irak gibt es dieses Jahr kein Weihnachtsfest.

Der „Barnabas Fund“ hat den folgenden herzzerreissenden Bericht von einem Gemeindeleiter erhalten, der Hilfe organisiert für die christlichen irakischen Flüchtlinge in Syrien. Der Bericht offenbart die verzweifelte Lage der Christen im Irak, die sich noch verschlimmert hat seit dem Grossangriff auf eine Kirche in Bagdad im Oktober 2010, und seit der Erklärung islamischer Extremisten, alle Christen und christlichen Institutionen seien „legitime Angriffsziele“.

Diese Nachricht sollte von den Regierungen und Christen im Westen dringend gehört werden:

Die Bedingungen in Mosul und in anderen Städten sind untragbar geworden. Die Leute leben hinter verschlossenen Türen, und sie sehen sich dazu gedrängt, lange Zeit von der Arbeit abwesend zu bleiben, wegen der Gefahren, denen sie dort ausgesetzt sind.

An den Universitäten gibt es kaum noch christliche Studenten; ebenso an den Schulen. In einigen anderen Städten getrauen sich die Christen nicht einmal mehr auf die Strasse.

Es ist, als ob sie sich im Gefängnis befänden: ohne Arbeit, ohne Studium, ohne Gemeindeversammlungen. Die Angst herrscht überall, in allen Situationen.

Täglich gibt es Drohungen und Beschimpfungen. An die Hauswände dieser unschuldigen Menschen werden beleidigende Graffitis gezeichnet.

Es gibt keine Möglichkeit, dem Problem auszuweichen oder es zu lösen. Die Menschen wurden all dessen beraubt, was ihrem Leben Sicherheit geben könnte. Sie können sich nur noch auf die Barmherzigkeit Gottes verlassen, oder nach Norden auswandern. Aber auszureisen bedeutet einen enormen finanziellen Aufwand. (…)

Wenn ein Christ sein Haus vermieten und ausziehen möchte, dann zwingen die Terroristen die Mieter dazu, ihnen die Miete zu bezahlen, denn sie sagen, dieses Haus gehöre rechtmässig ihnen. Und wenn der Besitzer es wagt, das Haus zu verkaufen, dann bedrohen sie den Käufer, und schliesslich geht alles Geld an die Terroristen.

Dies sind die Geschichten einiger Personen als Beispiel:

Bei einer christlichen Familie, die im Norden lebt, klopfte es eines Nachts an die Tür. Als der Hausvater öffnete, fand er einen toten Vogel an der Tür angebunden. Die Botschaft war klar: „Ihr werdet getötet werden wie dieser Vogel.“

Saak und Raad, zwei junge Christen, die im Industriegebiet von Mosul als Schmiede arbeiten, mussten den Terroristen monatlich 300’000 irakische Dinare als „Schutzgeld“ für ihr Leben bezahlen. Aber auch das verhinderte nicht, dass sie schliesslich in der Werkstatt, wo sie arbeiteten, ermordet wurden, wodurch elf Personen ihres Lebensunterhalts beraubt wurden.

Ein 26jähriger Christ, der in einem Supermarkt arbeitete, erhielt Besuch von Terroristen, die um einige Waren baten. Sie erschossen ihn ohne jede Vorwarnung. Das geschah am hellen Tage in Mosul, anfangs dieses Monats (Dezember 2010).

Viele tragen sich mit dem Gedanken, aus diesen tragischen Umständen zu fliehen, aber sie haben nicht die Möglichkeit, es zu tun.

Diesen Monat kamen drei christliche Flüchtlingsfamilien aus Mosul an und sind jetzt hier in Syrien.

Es gibt zu viele Horrorgeschichten, mit denen wir Seiten um Seiten füllen könnten. Sie sprechen von Terrorismus, Angst, unerträglichen Lebensbedingungen, und Bedrohungen sogar gegen Kinder.
Beten Sie mit uns für sie.

Soweit der traurige Bericht der Hilfsorganisation für verfolgte Christen aus dem Irak, die nach al-Hassake in Syrien geflüchtet sind.

Dr.Patrick Sookhdeo, internationaler Direktor des „Barnabas Fund“, hat zu einer unmittelbaren internationalen Intervention aufgerufen, um den irakischen Christen zu helfen und für sie zu beten:

An dieser Weihnacht stehen die Christen im Irak einer allgemeinen Tragödie gegenüber. Die vergangenen sieben Jahre des Krieges haben die Gemeinde verwüstet. Jetzt sind sie einer neuen Angriffswelle ausgesetzt, die viele von ihnen in äusserste Armut gestürzt hat und entsetzliche Angst verursacht.

Ein alter christlicher Leiter im Irak fragt sich, ob die Zeit gekommen sei, wo die gesamte christliche Gemeinschaft den Irak verlassen sollte. Andere schlugen vor, die einzige Zukunftsmöglichkeit liege in einem unabhängigen Territorium.

Klar ist, dass die internationale Gemeinschaft angesichts dieser verfolgten Minderheit nicht ihre Hände in Unschuld waschen kann. Es muss dringend etwas getan werden.

Bitte leiten Sie diese Nachricht weiter, so weit Sie können, und insbesondere an die Politiker in Australien, Grossbritannien, den Vereinigten Staaten, Kanada, und anderen westlichen Staaten, und auch an die Presseagenturen.

Und wenn Sie als Christ dies lesen, erinnern Sie sich bitte in ihren Gebeten, insbesondere in dieser Weihnachtszeit, an diese alte christliche Kirche, die am Rande des Aussterbens steht!

Beten wir bitte:

– Dass der Herr sein Volk im Irak vor Angriffen beschütze.

– Dass die internationale Gemeinschaft ihre Verantwortung für die verfolgten Christen im Irak erkenne, und dringend Massnahmen ergreife, um ihnen zu helfen.

– Dass die Gemeindeleiter im Irak wissen, wie sie diesen Christen raten sollen, die vor der Entscheidung stehen, ob sie auswandern sollen.

Quelle: Barnabas Fund, 13.12.2010, Redaktion durch „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ Argentinien.
Kommentar (von seiten der „Hilfsaktion Märtyrerkirche“ Argentinien):

Wie lobenswert auch diese Wünsche sind, dass westliche Politiker und Regierungen den verfolgten Christen helfen mögen (nicht nur im Irak) – sicher sollen wir beten, dass sie es tun -, so sollten wir doch unsere Hoffnungen nicht auf sie setzen, sondern auf unseren allmächtigen Gott. Westliche (christliche??) Mächte sind in Irak und Afghanistan eingefallen, um Frieden und Demokratie zu bringen – das Ergebnis war Krieg und Tod für das Christentum; und Tod, Unsicherheit und Elend auch für die Einheimischen. Die Massenmedien unterhalten uns rund um die Uhr, und die Christen schlafen, ohne zu merken, in was für apokalyptischen Zeiten wir leben. Im Namen Jesu Christi: wachen wir auf!

Diese Zustände bei den irakischen Christen lassen mich daran denken, dass dasselbe in nicht allzulanger Zeit auch in den „christlichen“ Ländern wie Grossbritannien, den Vereinigten Staaten, Deutschland, Schweden, Argentinien, … geschehen wird, wenn der Islam weiter so fortschreitet wie gegenwärtig. Es lässt mich daran denken, dass die Lage des westlichen Christentums (auch der evangelikalen, protestantischen und pfingstlichen Kirchen) mit dem traditionellen und orthodoxen Judentum zur Zeit der Kreuzigung Jesu vergleichbar ist: Damals verneinten die religiösen Leiter das Zeugnis der Heiligen Schriften – damals das Alte Testament. Heute sprechen die christlichen Leiter von Toleranz und sind blind für die Gefahr, die uns umgibt. „Komme bald, Herr Jesus, und rette deine Getreuen“ – das sollte unser Gebet sein – „Amen“. Aber bleiben wir nicht mit verschränkten Armen stehen; tun wir auch, was der Herr uns zu tun heisst:

„Ich bitte euch also, ihr Brüder, bei der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Körper als lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darbringt: das ist euer vernünftiger Gottesdienst. Und lasst euch nicht dieser Welt gleich formen; sondern wandelt euch um durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr erfahrt, was der gute Wille Gottes ist, angenehm und vollkommen.“ (Römer 12,1-2)

Möge Gott euch segnen, und möge er uns die nötige Weisheit geben, um seine treuen Nachfolger zu sein in dieser apokalyptischen Zeit.

J. E.

(Und noch mein eigener Kommentar: Für diese verfolgten Christen gäbe es natürlich eine ganz einfache „Lösung“: Sie könnten sich zum Islam (zurück-)bekehren, dann wären sie die ganze Verfolgung los. Gewissensfrage: Wie viele von uns würden unter ähnlichen Umständen genau das tun? Wie viele von uns wären bereit, Jesus wirklich bis zum Tod nachzufolgen? – Möge Gott uns die Gnade geben, ihn wirklich mehr zu lieben als alles, was wir auf dieser Erde haben!)

Wie gross ist diese Finsternis!

26. Dezember 2010

Diesen Artikel fand ich im Internet fand und finde ihn (leider) sehr zutreffend und aktuell (Übersetzung aus dem Englischen):
Wie gross ist diese Finsternis!

Von Coach Dave Daubenmire
9.Dezember 2010
NewsWithViews.com

„Aber wenn dein Auge finster ist, dann wird dein ganzer Leib voll Finsternis sein. Wenn also das Licht, das in dir ist, Finsternis wird, WIE GROSS IST DIESE FINSTERNIS!“ (Matthäus 6,23)

Gut, Herr, ich werde es schreiben. Aber ich verstehe wirklich nicht, warum du mir diese schmutzigen Arbeiten gibst. Warum hast du micht nicht dazu gesalbt, über die böse Demokratische Partei zu schreiben; oder z.B. über jene Gotteshasser, die die Krippenszenen von den Stufen der Gerichtsgebäude verbannen wollen? Warum kann ich nicht wie Ann Coulter sein und einfach die Liberalen anprangern? Warum muss ich immer über Leute schreiben, die eigentlich auf meiner Seite stehen sollten? Die Liberalen hassen mich schon genug … warum muss ich ständig die Konservativen ins Gesicht schlagen?

Bald werde ich nirgends mehr in den christlichen Kreisen willkommen sein. Aber ich habe dir vor Jahren versprochen, dass ich treu sein würde darin, alles zu schreiben und zu sprechen, was du in meinen Geist legst. Nach dem berühmten Zitat von Präsident John Adams: „Die Pflicht ist unser. Die Ergebnisse gehören Gott.“

Ich werde es also hier vorlegen und vertraue darauf, dass du einen Grund dafür hast, diese Worte in mein Herz zu legen:

Die meisten Christen sind gar keine. Das heisst, sie sind nicht wirklich Nachfolger von Jesus. Je länger ich in meiner Arbeit stehe, desto mehr wurde ich von dieser Wahrheit überzeugt. Die „amerikanische Erfahrung“ hat Probleme, weil jene, die angeblich Jesu Nachfolger sind, ihm in Wirklichkeit gar nicht nachfolgen.

Missverstehen Sie mich nicht: Sie „gehen zur Kirche“, und die meisten „glauben an Gott“; aber sie sind keine Nachfolger Jesu. Sie wissen nicht einmal, was das bedeutet … Jesus nachzufolgen … obwohl sie „Christen“ sind. Ich zweifle sogar, ob der Apostel Paulus, oder irgendeiner der Gläubigen des ersten Jahrhunderts, die „Religion“ überhaupt wiedererkennen würde, die wir heute „Christentum“ nennen. Ich frage mich… War Jesus ein „Christ“?

Jesus hasste die Religion. Es waren gerade die „religiösen“ Menschen, von denen er uns befreien wollte. „Aber wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Denn ihr schliesst das Himmelreich vor den Menschen zu: denn weder geht ihr selbst hinein, noch lasst ihr jene hinein, die hinein wollen.“

Lesen Sie Matthäus 23, um besser zu verstehen, was er den religiösen Leitern zu sagen hatte. Er sagte es besser, als ich das könnte.

Sehen Sie: Christentum ist keine Religion, es ist kein „zur Kirche gehen“, es ist nicht eine Menge von Regeln und Reglementen für unser Leben, es ist nicht eine Krücke für die Schwachen, es ist nicht eine Antwort auf eine Frage bei der Volkszählung, und es ist kein privates Geschäftsunternehmen zur Vermehrung irdischer Besitztümer.

Christentum bedeutet, das Leben Jesu durch Sie zu leben. Es ist ein Austausch Ihres Lebens für das seine; ein Ausleben seiner Natur statt Ihrer, ein „Anziehen“ des Lebens Jesu. Nicht ein Prozess, wo wir ihn „akzeptieren“ oder „aufnehmen“ oder „zu ihm kommen“. Es ist ein Todesprozess … wo Sie und Ihre alte Natur sterben … eine echte Transformation … von einem alten Leben zu einem neuen. „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“.

Die meisten, die sich als Christen identifizieren, sagen, sie kennen Jesus als Erlöser. Sehr wenige kennen ihn als Herrn.

Deshalb ist das Christentum so oberflächlich hier in Amerika. (Anm.d.Ü: Nicht nur in Amerika – für Europa dürfte dasselbe gelten, und nicht nur in den Landeskirchen!) Wir mögen den „Erlöser“-Aspekt an Jesus, aber wir sind nicht wirklich dazu bereit, uns vor ihm als „Herrn“ zu beugen. Die meisten sind daran interessiert, dass „ihr Erlöser“ ihre Unternehmungen segnet; aber wenige sind dazu bereit, „ihr Leben niederzulegen“ für ihn.

Jeder möchte „Jesus nachfolgen“ – bis er herausfindet, wohin er geht … er geht auf ein Kreuz zu … und er bittet Sie, das Ihrige auf sich zu nehmen und ihm zu folgen. Das schlägt dem populären Christentum und seinen „wahrgenommenen Bedürfnissen“ ins Gesicht…

Die Herzen der Amerikaner lassen sich nur schwer berühren. Stephanus nannte Menschen wie uns: „Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren! Ihr widersteht ständig dem Heiligen Geist; wie eure Väter getan haben, so auch ihr.“

Wie nahmen die religiösen Menschen Stephanus und seine ehrliche Ermahnung auf? „Dann schrieen sie mit lauter Stimme, und hielten ihre Ohren zu, und stürzten sich einmütig auf ihn, und warfen ihn aus der Stadt hinaus, und steinigten ihn …“

Das ist mein Punkt: Die meisten „Christen“ sind nicht offen für das wahre Evangelium, weil sie denken, sie hätten es bereits. Sie haben gelernt, es in Abteilungen zu unterteilen, es zu kompromittieren, es an die Garderobe zu hängen. Aber sie haben ein „anderes Evangelium“ gehört. Sie sind gelehrt worden, einer Christenheit nachzufolgen, aber nicht Jesus nachzufolgen.

„Denn gewisse Menschen haben sich nebenher eingeschlichen, die von alters her zu dieser Verdammnis bestimmt sind, gottlose Menschen, die die Gnade Gottes in Ausschweifung verkehren, und den einzigen Herrn und Gott verleugnen, und unseren Herrn Jesus Christus.“ (Aus dem Judasbrief.)

Tun Sie sich selbst einen Gefallen. Nehmen Sie sich Zeit, die Apostelgeschichte zu lesen. Das ist ein Bericht vom „Evangelium“, wie es von jenen ausgelebt wurde, die dem Erlöser am nächsten standen. Sie werden sehr lange suchen müssen, bis Sie in diesem Buch irgendetwas finden, was auch nur entfernt dem modernen humanistischen, selbstsüchtigen, „Jesus-möchte-dass-ich-glücklich-und-reich-werde“-Evangelium ähnelt, das von den heutigen Kanzeln gerülpst wird. (Anm.d.Ü: Sorry, das hat der Autor so gesagt…) Würde etwa Paulus, der grösste Evangelist, den die Welt je kannte, eingeladen werden, in einem Programm von TBN zu erscheinen? Würden ihm Rick Warren und Joel Osteen je erlauben, auf ihrer Kanzel zu stehen? Könnten Sie sich ihn vorstellen bei „Dancing with the stars“?

Die Amerikaner folgen einem „anderen Evangelium“, das in Wirklichkeit gar kein Evangelium ist.

„Weil du sagst: Ich bin reich, und bin reich geworden, und bedarf nichts; und weisst nicht, dass du elend und bejammernswert und arm und blind und nackt bist…“

Erlauben Sie mir, es noch klarer zu sagen, damit mein Punkt nicht missverstanden wird. Die meisten Kirchgänger sind keine Nachfolger von Jesus. Sie sind lediglich Mitglieder eines Vereins, der sich „Christentum“ nennt. „Die Mitgliedschaft hat ihre Vorteile…“

Wie kann jemand geheilt werden, der nicht weiss, dass er krank ist? Wie kann jemand errettet werden, der denkt, er sei gar nicht verloren?

„Wenn also das Licht, das in dir ist, Finsternis wird, WIE GROSS IST DIESE FINSTERNIS!“

Im amerikanischen Christentum ist alles verkehrt herum. Irgendwie wurde im Lauf der Zeit das Evangelium der Selbstverleugnung in ein Evangelium der Lebensverbesserung verkehrt. Statt uns selber für das Fortschreiten von Gottes Königreich hinzugeben, wurden wir dazu verführt zu glauben, Jesus hätte sich hingegeben, damit wir zu Herren unseres eigenen Königreichs werden könnten.

Der Gedanke an Aufopferung und Leiden gilt dem modernen amerikanisierten Christentum als verflucht. Wie sonst kann die hartherzige Haltung der meisten „Christen“ erklärt werden, dem „Zunehmen Seines Reiches und Seines Friedens“ gegenüber?

Lesen Sie Matthäus 13. Hier lesen wir vom Weizen und vom Unkraut, die zusammen aufwachsen. Das ist tatsächlich so. Wenn Sie sonntags zur „Kirche“ gehen, sehen Sie sich um: Die meisten, die da sitzen, sind für das ewige Feuer bestimmt. Sie sehen wie Christen aus, sie singen wie Christen, und sie sprechen eine „christliche Sprache“; aber sie sind keine Kinder des Herrn.

„Viele werden zu mir an jenem Tage sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen prophezeit? und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben? und in deinem Namen viele Wunder getan? Dann werde ich zu ihnen sagen: ICH HABE EUCH NIE GEKANNT; geht fort von mir, die ihr Gottlosigkeit tut.“ (Matthäus 7.)

Könnte es sein, dass viele die falsche Antwort erhalten, weil ihnen die falsche Frage gestellt wurde? Es geht nicht darum, ob „Sie Jesus kennen“, sondern ob „Jesus Sie kennt“.

In kürzlichen Umfragen identifizierten sich 85% aller Amerikaner als Christen; aber unsere Nation ist zu einer moralischen Wüste geworden. „Christen“ beklagen sich darüber, dass „uns das Christentum aufgezwungen wird“. „Christen“ erklären, „Religion“ sei „Privatsache“, während gleichzeitig ihre Kinder an den Schulen in einer Flut von atheistischen Lehren ertrinken. „Christen“ lassen Abtreibungen durchführen und wählen „Pro-Abtreibungs“-Kandidaten. „Christen“ wählen einen homosexuellen Lebensstil. „Christen“ brechen ihre Ehegelübde. „Christen“ ignorieren die Anweisungen, die Jesus gelehrt hat.

Wie kommt man jemandem zu Hilfe, der nicht denkt, er brauche Hilfe? Wie bringt man jemandem das Augenlicht, der denkt, er sei bereits sehend? Wie bringt man jemandem Kenntnis, der denkt, er wisse bereits? Wie bringt man jemandem die Wahrheit, der nicht weiss, dass er verführt ist? Wie bringt man jemandem Licht, der nicht weiss, dass er in der Finsternis sitzt?

Amerika ist das am meisten „evangelisierte“ Land der Welt; aber in meinem Umgang mit amerikanisierten „Christen“ wurde ich davon überzeugt, dass sich das grösste Missionsfeld der Welt innerhalb der vier Wände der meisten amerikanischen Kirchen befindet.

Die Finsternis denkt, sie sei Licht.

„Und der böse Geist antwortete und sagte: Jesus kenne ich, und Paulus kenne ich; ABER WER SEID IHR?“

„Du glaubst, dass es einen einzigen Gott gibt, und du tust gut daran; aber die Dämonen glauben (das) auch, und zittern.“

Die meisten „Christen“ wissen nicht einmal genug über Jesus, um zu zittern.

Wie gross ist diese Finsternis…

(Quelle: http://www.newswithviews.com/Daubenmire/dave217.htm)

– Noch ein paar eigene Anmerkungen dazu:

Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man von den „lieben Christen“ sofort als „lieblos“, „richtend“, und (warum nicht gar) „unchristlich“ abgestempelt wird, und w.m. unter Zensur und „Gemeindezucht“ gestellt wird, sobald man einige der Dinge auch nur antönt, die Dave Daubenmire hier so offen und direkt schreibt. Ja, die „Du-sollst-nicht-richten“-Christen sind sehr schnell dabei, Autoren wie den hier zitierten eben sehr effektiv zu RICHTEN – im Gegensatz zu ihm nicht nur mit Worten, sondern auch mit sehr unschönen Taten.

Ich weiss aber auch – ebenfalls aus Erfahrung -, dass Artikel wie der obige selten leichthin geschrieben werden. Meistens stehen dahinter eine tiefe Besorgnis um geliebte Mitmenschen; ein unaussprechlicher Schmerz über den Zustand jener, die sich heute „christliche Kirche“ nennen und damit im Herzen Gottes einen noch viel grösseren Schmerz verursachen; viele Tränen, Fasten und verzweifeltes Ringen im Gebet; oft ein langes Zögern, ob die Wahrheit wirklich gerade so, und gerade jetzt, und gerade in diesem Umfeld ausgesprochen werden soll, oder ob man sie nicht doch lieber verschweigen sollte; und (nicht zuletzt) eine grosse Liebe und ein grosses Mitleid mit jenen Unmengen von Menschen, die von solchen Fälschungen des Christentums ganz konkret geschädigt und/oder auf einen falschen Weg geführt worden sind. Eine Liebe und ein Mitleid, wie sie gänzlich unbekannt sind bei den „Du-sollst-nicht-richten“-Christen, die ständig von „Toleranz“ sprechen. – Leider sind diese Untertöne in einem geschriebenen Artikel nur schwer zu vermitteln, sodass dem Autor nur zu oft – und eben gerade von „Christen“ – zu Unrecht Böswilligkeit unterstellt wird.

Ich schäme mich deshalb nicht, diesen Artikel weiterzuverbreiten. Es geht nicht darum, andere „herunterzumachen“. Es geht darum, den Zugang zum Himmelreich wieder zu öffnen, den die offizielle Kirche verschlossen hat. Und nicht zuletzt geht es darum, Gottes Ehre und seinen guten Ruf wiederherzustellen, angesichts eines „Christentums“, das den guten Namen Gottes öffentlich schändet.

„Säe, damit du ernten kannst“

22. Dezember 2010

So hörte ich es kürzlich in einer Predigt:

„Das Wort Gottes sagt: Säe, damit du ernten kannst. Wenn du mit deinem Geld andere segnest, dann wird Gott auch dich segnen. Wenn du einen Sol (die peruanische Währung) weggibst, dann macht dich das nicht arm; aber es macht dich reich im Herzen. Wenn du nur zur Kirche gehst und das Wort hörst, aber es nicht tust, dann bist du wie ein Schüler, der den ganzen Tag in der Schule sitzt und zuhört, aber nichts davon praktiziert. Meine Geschwister, Gott ist Liebe, heisst es in 1.Johannes 4,8. Lasst uns also einander Gutes tun …“

Sie dürfen dreimal raten, aus was für einem Umfeld dieser Predigtausschnitt stammt. Aus einem freikirchlichen Gottesdienst? Aus einem Spendenaufruf für eine wohltätige Organisation? Aus dem Programm eines amerikanischen Fernsehevangelisten?

Dreimal falsch geraten. Der Mann, der so gepredigt hat, war in Wirklichkeit kaum daran interessiert, das Evangelium zu verbreiten. Es ging ihm auch nicht in erster Linie darum, zur Wohltätigkeit aufzurufen – es sei denn zu seinen eigenen Gunsten. Es handelte sich um einen Verkäufer – wie es hierzulande deren viele gibt -, der in einem Überlandbus den Passagieren zu einem billigen Preis Waren von zweifelhafter Qualität anbot, und zu diesem Zweck den eingangs zitierten Vortrag hielt. (Selbst die Anrede mit „Meine Geschwister“ ist authentisch!)

Wenn Sie auf Gottesdienst oder Fernsehevangelist getippt haben, sind Sie aber dennoch nicht weit daneben: diese Worte könnten durchaus auch an einer solchen Veranstaltung gesagt worden sein. Offenbar dienen dieselben Worte genauso gut dazu, billigen Ramsch zu verkaufen, wie ein (ebenso billiges?) Evangelium an den Mann zu bringen und Geld dafür zu erhalten.

Was sollen wir uns dazu denken? Dass die Ramschverkäufer allmählich gläubig werden? Oder viel eher, dass die heutigen Evangeliumsprediger mehrheitlich auf das Niveau von Ramschverkäufern abgesunken sind? Offenbar dienen jetzt die Worte ersterer den letzteren als Vorbild – was ich mir von einer Originalpredigt Jesu oder eines echten Apostels oder Propheten schwerlich vorstellen könnte.

Ich lasse es bei diesem knappen Kommentar bewenden und überlasse es dem Leser, weitere Schlüsse zu ziehen.

Über die bibelkritische Theologie und die Situation in Lateinamerika (2. Teil)

9. Dezember 2010

Ich wiederhole hier nochmals die Vorbemerkung aus dem 1.Teil:

Der folgende Artikel beruht auf einer längeren Schrift, die ich ca. 2004 in Perú zu verteilen begann aus Besorgnis über das Vordringen der Bibelkritik in evangelikalen Gemeinden und Bibelschulen. Wie stark der Einfluss der Bibelkritik hier ist, wurde mir aber erst klar, als mir mehrere regionale Leiter die Verbreitung dieser Schrift in den ihnen unterstellten Gemeinden verboten. Diese Artikelserie erscheint deshalb in der Kategorie „Zensurierte Artikel.“

Die Gedanken der Bibelkritik selber sind ja in Europa nicht neu. Ich habe deshalb die diesbezüglichen Erläuterungen gegenüber dem Original ziemlich stark gekürzt. Eher neu ist hingegen, dass diese Theologie auch in evangelikalen und offiziell „bibeltreuen“ Gemeinden gelehrt wird, und z.T. sogar als die einzig richtige Theologie bezeichnet wird. In Perú (und überhaupt in Lateinamerika) stellen die meisten evangelischen Kirchen in ihrem offiziellen Glaubensbekenntnis deutlich fest, dass die Bibel Gottes inspiriertes und irrtumsfreies Wort ist. Ihre Praxis unterscheidet sich davon aber sehr, wie Beispiel zeigt. Ich frage mich, was Gott ein grösseres Ärgernis ist: eine europäische Landeskirche, deren Theologen ganz offiziell sagen, die Bibel sei nicht so ernst (und schon gar nicht wörtlich) zu nehmen, oder eine sich bibeltreu nennende Freikirche, die unter dem Etikett „gesunde biblische Lehre“ verdeckt Bibelkritik lehrt?


Ich fahre fort mit ausgewählten Problemen der bibelkritischen Theologie:

Annahme eines späten Abfassungsdatums

“Wir finden keine besondere Ähnlichkeit mit 1.Petrus in der Sprache und in der Lehre. Aus diesem Grund, und wegen der unterschiedlichen Situation der Gemeinde, die in einigen Stellen des 2.Briefs zum Ausdruck kommt, … denken viele, dass es sich hier um die späteste Schrift des Neuen Testaments handelt, vielleicht anfangs des 2.Jh. Ihr Autor könnte ein christlicher Lehrer gewesen sein, der an die Autorität des Petrus apellierte, um seiner Lehre mehr Autorität zu verleihen.”
(Studienbibel “Dios habla hoy”, Einleitung zu 2.Petrus)

Anfangs des 2.Jh. war Petrus schon seit über 30 Jahren tot. Die ursprüngliche Lehre hätte in dieser Zeit verändert werden können, und die historischen Ereignisse in Vergessenheit geraten. So können die Kritiker den ganzen Inhalt des Buches anzweifeln.
Insbesondere im Alten Testament nehmen die Kritiker an, es hätte während vielen Jahrhunderten überhaupt keine schriftlichen Zeugnisse gegeben:

“Obwohl die Schrift sich in Israel während der Konstitution der Königtums formell entwickelte (…), wurden die Erinnerungen früherer Zeiten mündlich bewahrt und von einer Generation zur anderen weitergegeben. Diese mündlichen Erzählungen wurden später von verschiedenen Personen und Personengruppen aufgeschrieben, um die Erzählungen zu bewahren, die ihnen einen Existenzgrund gaben…”
(“Entdecke die Bibel”, S.51)

Die kritischen Theologen stellen das Volk Israel gerne als ein primitives und unwissendes Volk von Analphabeten dar. So können sie sagen, dass nach so vielen Jahrhunderten sich ihre “Traditionen” sehr weit von der historischen Wahrheit enfernt hätten.
Aber die Zivilisation der Israeliten war weiter fortgeschritten, als die Theologen uns weismachen wollen. In Mesopotamien (Babylonien), wo Abraham herkam, war die Schrift schon lange vor Abraham bekannt. Ebenso in Ägypten, wo Mose seine Ausbildung erhielt (am Hof des Pharao!). In 2.Mose 17,14 und 37,24 beauftragt Gott Mose, zu schreiben. In 2.Mose 24,4 heisst es: “Und Mose schrieb alle Worte des Herrn.” Ebenso 4.Mose 33,2 und 5.Mose 31,9. Alle diese Stellen müssten Lügen genannt werden, wenn die Theorie der “mündlichen Überlieferung” richtig wäre.
4. Mose 5,23: “Der Priester soll diese Flüche in ein Buch schreiben…” – Ein israelischer Priester musste schreiben können. – “Lesen”, “schreiben”, “Buch”, usw, werden so oft erwähnt in den ersten Büchern der Bibel, dass es zu weit führen würde, alle Stellen aufzuzählen.

In einigen Fällen gibt es einen zusätzlichen Grund, warum kritische Theologen ein spätes Abfassungsdatum annehmen: Sie streiten ab, dass Prophetie existiere. Wenn eine Zukunftsprophezeiung eingetroffen ist, und diese Erfüllung historisch nachgeprüft werden kann, dann haben wir einen Beweis für die göttliche Inspiration und den übernatürlichen Ursprung der Bibel. Deshalb bemühen sich kritische Theologen zu “beweisen”, dass eingetroffene Prophezeiungen erst nach ihrer Erfüllung geschrieben worden seien.

Dies ist der Grund, warum sie z.B. sagen, das Buch Daniel sei erst im 2.Jh.v.Chr. geschrieben worden (400 Jahre nach Daniel), und die zweite Hälfte des Buches Jesaja erst nach der Rückkehr aus dem Exil (200 Jahre nach Jesaja). Jesaja hat nämlich die Rückkehr aus dem Exil prophezeit und nannte sogar den Namen des Königs Kyrus (Jes.45,1-13); und Daniel prophezeite über die Perser, Griechen und Römer.
So lässt “Entdecke die Bibel” in der ausführlichen Zeittabelle Daniel einfach aus, als ob er keine historische Persönlichkeit wäre; und zitiert Jesaja als “nachexilischen Propheten”.

Nur haben die Bibelkritiker im Fall von Daniel das Problem, dass Daniel auch das Jahr der Kreuzigung Jesu vorhergesagt hat sowie die Zerstörung Jerusalems (Daniel 9,25-26, die “Wochen” als Jahrwochen (je 7 Jahre) verstanden). Hier können sie unmöglich behaupten, das Buch Daniel sei erst nach der Kreuzigung Jesu geschrieben worden!

Im Neuen Testament haben wir insbesondere die Prophezeiung Jesu über die Zerstörung Jerusalems, die sich im Jahr 70 erfüllte. Kritische Theologen argumentieren: “Da die Zerstörung Jerusalems in Matthäus klar vorhergesagt ist (22,7), muss das Abfassungsdatum auf alle Fälle nach 70 liegen.” (…) – denn Jesus kann die Vorhersage nicht wirklich gemacht haben, “weil nicht sein kann, was nicht sein darf” … – Aus der Kirchengeschichte weiss man aber, dass die Jerusalemer Gemeinde die Stadt beim Beginnn der römischen Belagerung verliess, während die übrige Bevölkerung einen Sieg der Juden erwartete. Dies kann nur damit erklärt werden, dass Jesus die Vorhersage tatsächlich gemacht hat und die Gemeinde davon wusste.

Im Jahre 1994 entdeckte der Papyrologe Carsten Peter Thiede ein Fragment des Matthäusevangeliums aus dem Jahre 60. (Der Fund wurde sogar in einer peruanischen Zeitung erwähnt.) Aber die kritischen Theologen ziehen es vor, solche Entdeckungen zu ignorieren.

Rekonstruktion der Geschichte Israels

Wir haben gesehen, dass die modernen Theologen die Bücher Mose in verschiedene “Quellen” aufteilen. Um diese Theorie aufrechtzuerhalten, mussten sie die ganze Geschichte Israels umschreiben. Dies sind einige ihrer Annahmen:

– Das Volk Israel vereinigte sich erst in der Zeit Davids; die Patriarchengeschichten sind nichts als Legenden.
– Weder der Auszug aus Ägypten, noch der Durchzug durch das Rote Meer, noch die 40 Jahre in der Wüste sind tatsächlich geschehen.
– Verschiedene Gruppen kamen nach und nach ins Land Kanaan; es gab keine Eroberung unter Josua.
– Die Ideen Israels über Gott stammen aus den Religionen der heidnischen Umwelt. (Deshalb bemühen sich kritische Theologen, Ähnlichkeiten zwischen heidnischen Religionen und der Bibel zu finden.)
– Erst in der Königszeit begannen die Israeliten, einen einzigen Gott anzubeten.
– 5. Mose wurde in der Zeit Josias geschrieben, um nachträglich die Konzentration des Gottesdienstes in Jerusalem zu rechtfertigen.

Es ist offensichtlich, dass alle diese Annahmen reine Spekulation sind; sie lassen sich weder aus dem Bibeltext noch aus ausserbiblischen Quellen belegen. Dennoch nehmen die meisten theologischen Kommentare diese Hypothesen als gegeben an. Hier nur ein kleines Beispiel:

“Die Funde … öffnen neue Möglichkeiten, die alte Theorien widerlegen oder unterstützen. So im Fall der Besetzung Kanaans durch die Israeliten. Die biblischen Erzählungen ergeben kein einheitliches Bild. Und die Ergebnisse der Archäologie und anderer Hilfswissenschaften führten zu drei Theorien:
1. Friedliche Besetzung des Landes (Schule von Alt und Noth)
2. Gewaltsame Eroberung (Albright)
3. Innere Revolution (Mendenhall, Gottwald, Bright).
Heute scheint die Archäologie am ehesten die Theorie Mendenhalls zu befürworten.”
(“Entdecke die Bibel”, S.113)

Hier müssen wir wieder fragen: Wo bleibt die Bibel als historisches Zeugnis? Im Gegensatz zu den Äusserungen des Theologen bietet die Bibel ein sehr klares Bild; man lese das Buch Josua. Aber der kritische Theologe bringt eine Theorie, die der Bibel widerspricht, unter Berufung auf die Archäologie – aber er nennt keinen archäologischen Fund, auf den er sich abstützen könnte.

Kein Land für Israel?

Natürlich existiert für die kritische Theologie auch die Verheissung nicht, dass Israel das Land besitzen werde. Deshalb benützen die kritischen Theologen und die Bibelgesellschaften in ihren Kommentaren und Landkarten durchgängig den Namen “Palästina” für das Land Israel. Dieser Name existiert nirgendwo in der Bibel! Vor Josua hiess das Land “Kanaan”, nachher “Israel”; und in der Zeit Jesu gab es die Provinzen “Judäa”, “Galiläa”, usw. Erst im 2.Jh. nach Christus, als die Römer alle Juden vertrieben hatten, benannten sie das Land in “Palästina” um, mit dem Ziel, alle Erinnerungen an die Juden auszulöschen. Den Namen “Palästina” zu gebrauchen, bedeutet Gottes Verheissung zu leugnen, dass dieses Land Israel gehört.

Historische Wahrheit oder “Predigt der christlichen Gemeinde”?

“Die Evangelien … gehören zu einem Literaturtyp, wo nicht so sehr die kreative Aktivität des Autors zählt, als vielmehr der Gebrauch von Traditionen, die in einer oder mehreren Gemeinden bewahrt wurden.”
(Studienbibel “Dios habla hoy”, S.1459)
“Man denkt, dass dieses Evangelium das Ergebnis einer langen Reflexion und Weitergabe der Heilsbotschaft darstellt, in Gemeinden, die harte Auseinandersetzungen mit jüdischen Gruppen durchstehen mussten.”
(Studienbibel “Dios habla hoy”, Einleitung zum Johannesevangelium)

In anderen Worten wird hier gesagt, die ersten Gemeinden hätten die Heilsbotschaft verändert, je nach der Situation, in der sie sich befanden. Gemäss der kritischen Theologie ist der “Jesus der Evangelien” nicht derselbe wie der “historische Jesus”. Der “historische Jesus” soll keine Wunder getan haben; soll nie gesagt haben, er sei Gottes Sohn; und soll nicht vom Tod auferstanden sein – dies alles sei Erfindung der christlichen Gemeinden.

Die kritischen Theologen versichern auch, die Schreiber der Bibel hätten nie die Absicht gehabt, ein inspiriertes Buch zu schreiben:

“Als sie (die Autoren des NT, Üs.) schrieben, dachten sie nicht im Traum daran, dass ihr Produkt eines Tages dieselbe Autorität hätte wie die heiligen Schriften, die in der Synagoge gelesen wurden… Nach und nach sprachen die Christen diesen Texten eine bevorzugte Autorität für das Leben der Gemeinde zu…”
(“Entdecke die Bibel”, S.174-175)

Diese Äusserungen sind falsch, und dienen nur dazu, Zweifel zu säen bezüglich der Autorität des Neuen Testamentes. Paulus wusste genau, dass Gott selber ihm seine Botschaft gegeben hatte (Gal.1,11-12, 1.Thess.2,13). Petrus nennt die Paulusbriefe “(Heilige) Schriften” (2.Petrus 3,15-16). Alle Apostel hatten ihren Auftrag direkt aus dem Mund Jesu erhalten: “Geht in alle Welt, und verkündet das Evangelium… und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch aufgetragen habe” (Mark.16,15, Matth.28,20).

Die Kommentare der Bibelgesellschaften geben (wenn auch nicht sehr offen) die moderne Theologie wieder, wonach…
… die Schriften des NT Produkt des Glaubens und der Predigt der Urgemeinde sind;
… dieser Glaube und diese Predigt nicht auf historischen Tatsachen oder wirklichen Zeugnissen beruhen, sondern auf einem irrationalen psychologischen Erlebnis;
… die Predigt jener Gemeinden ihre Form ständig änderte, je nach den Umständen;
… es gar nicht wichtig ist, ob Jesus wirklich auferstand oder nicht; das einzige, was zählt, ist der “Glaube” (auch wenn er auf einer irrationalen Idee beruht).

Diese Theologie kann z.B. sagen: “Jesus auferstand im Glauben seiner Jünger” (aber nicht in Wirklichkeit). “Dieser Glaube drückt sich in mythologischer Sprache aus.”

Eine solche Theologie führt zu einer neuen Definition des Wortes “Glaube”, und aller zentralen Lehren des Christentums. Nach dieser Theologie müssten wir Hebräer 11,1 folgendermassen umformulieren: “Es ist aber der Glaube die Gewissheit dessen, was man sich selber ausgedacht hat, und die Überzeugung dessen, was nicht existiert.”

Was glauben die kritischen Theologen wirklich?

Viele kritische Theologen “schleichen sich heimlich ein” (Judas 4) in den Gemeinden: Sie sagen nichts über ihre wirklichen Überzeugungen; und wenn sie predigen, geben sie einfach wieder, was die Bibel sagt, wie es ein wirklich gläubiger Christ auch machen würde. Sie kennen die “evangelische Sprache” genügend, um sich als echte Christen auszugeben. Nur ab und zu lassen sie eine Bemerkung fallen wie: “Die theologische Wissenschaft sagt …”; und so verbreiten sie die kritischen Theorien in sehr kleinen, aber wirksamen Dosen.
(Dies gilt vor allem für Perú bzw. Lateinamerika, wo die Gemeinden zumindest “offiziell” noch an der göttlichen Inspiration der Bibel festhalten. In Europa sprechen die kritischen Theologen viel offener.)

In “Entdecke die Bibel” gibt es lange Passagen, wo ein Autor eine biblische Geschichte wiedergibt, immer mit einleitenden Sätzen wie: “Nach der Erzählung von 1.Mose…”, “Gemäss der biblischen Erzählung…”, etc. – Es fällt auf, dass derselbe Autor, wenn er ausserbiblische Ereignisse erwähnt, nie eine Quelle angibt wie z.B: “Nach den babylonischen Chroniken…”. Solche Ereignisse präsentiert er einfach als Tatsachen. Warum dieser Unterschied?
Kritische Theologen geben oft exakt wieder, was die Bibel sagt; aber sie sagen nicht, dass sie selber auch daran glauben. Das ist, als ob ich sagte: “Das Märchen erzählt, dass Schneewittchen in den Wald rannte. Und Schneewittchen kam zu den sieben Zwergen…” – und Sie könnten denken, ich glaubte an Schneewittchen und die Zwerge; aber ich habe lediglich wiedergegeben, was das Märchen sagt. Das ist die Art und Weise, wie kritische Theologen die Bibel behandeln: sie können genau wiedergeben, was sie sagt; aber sie betrachten grosse Teile der Bibel als Märchen.

Während meines Theologiestudiums hatte ich die Gelegenheit, ein Dutzend Teilnehmer einer grossen ökumenischen Konferenz zu interviewen. Alle Befragten gaben an, an die Auferstehung zu glauben. Aber gefragt, was sie unter “Auferstehung” verstehen, sagte keiner von ihnen, Jesus sei wirklich zum Leben zurückgekehrt. Ihre Definitionen von “Auferstehung” waren vielmehr: “Die Erfahrung, die mir Hoffnung zum Weiterleben gibt.” – “Dass die Ideen Jesu weiterleben in den Herzen seiner Nachfolger.” – “Dass es eine Kraft gibt, wieder neu anzufangen”, usw.
Auf ähnliche Weise geben sie auch Ausdrücken wie “Erlösung”, “Wiedergeburt”, “Gericht”, usw, einen anderen Sinn. Sie verstehen alles als ein psychologisches Erlebnis, das nichts mit der historischen Realität des Todes und der Auferstehung Jesu zu tun hat. Die Ausdrücke klingen biblisch, aber die kritischen Theologen verstehen etwas anderes darunter.

Zweifel über den Kanon

Der “Kanon” ist die Liste der inspirierten Bücher der Bibel. Dies ist ein weiterer Angriffspunkt der Bibelkritik: Da es so viele apokryphe Bücher gibt, wurden nicht einfach willkürlich einige Bücher als “kanonisch” ausgewählt und andere nicht?
“Entdecke die Bibel” erwähnt eine gängige Theorie der kritischen Theologen, wonach die Juden erst im Jahr 70 n.Chr. den Kanon des Alten Testaments festlegten, im sogenannten “Konzil von Jamnia”. Glücklicherweise bringt der Autor hier einige gute Argumente gegen diese Theorie:

“In Jamnia führten die Rabbiner keine Änderung des jüdischen Kanons ein; sie untersuchten lediglich die Tradition, die sie empfangen hatten.
… Im Vorwort zur Übersetzung des Buches Sirach sagt der Enkel des Autors Ben Sira, dass sein Grossvater ‚das Gesetz und die Propheten und die anderen Bücher unserer Väter‘ studierte. Wenn diese ‚anderen Bücher‘ die ‚Ketubim‘ sind, dann anerkennt dieses Werk bereits im Jahr 132 v.Chr. die traditionelle Ordnung der hebräischen Bibel.”

In anderen Worten: Der Kanon des Alten Testaments stand bereits fest, als Sirach geschrieben wurde. Sirach ist eines der Bücher, die von der katholischen Kirche als “deuterokanonisch” der Bibel hinzugefügt wurden. Dagegen versichert das Vorwort dieses Buches selber, dass es nicht kanonisch ist.
Es mutet daher merkwürdig an, dass derselbe Autor einige Seiten später die Zusammenarbeit der Bibelgesellschaften mit der katholischen Kirche verteidigt, um Bibeln herauszubringen, die selbstverständlich die Apokryphen mit den kanonischen Schriften auf dieselbe Stufe stellen.

Inbezug auf das Neue Testament vermitteln die Erklärungen der Bibelgesellschaft den Eindruck, der Kanon des Neuen Testaments sei etwas sehr Unsicheres und die Entscheidungen darüber sehr willkürlich; “einige Bücher, die nicht in unserem Neuen Testament stehen, waren Teil des Kanons … nicht alle Christen anerkennen dieselben Bücher als kanonisch” (S.179).
Die “Kanonlisten”, die in den ersten Jahrhunderten aufgestellt wurden, zeigen tatsächlich gewisse Unterschiede. Diese Listen waren vor allem eine notgedrungene Verteidigung gegen Irrlehrer wie z.B. Marcion, der alles vom NT ausschloss, was “jüdisch” anmutete. Es ist bedeutsam, dass diese Kanonlisten erst gegen Ende des 2.Jh. erscheinen, als schon viele apokryphe Bücher existierten und es deswegen zu Auseinandersetzungen kam. Das bedeutet, dass es vorher, während der ersten 150 Jahre der Kirchengeschichte, keinerlei Auseinandersetzung über den Kanon gegeben hatte. Für die Urgemeinde war es klar, welches die inspirierten Bücher waren.
Der Theologe der Bibelgesellschaften kommt zu einer anderen Schlussfolgerung, weil er annimmt, die Autoren des NT hätten nicht gewusst, dass sie inspiriert waren; oder weil er gar nicht mit der Inspiration rechnet.

Folgen der Bibelkritik in den Gemeinden

Was geschieht mit einer Gemeinde, die der sogenannt “wissenschaftlichen Theologie” Raum gibt? – In Europa hat man dieses Experiment seit etwa 150 Jahren gemacht, und das Ergebnis ist verheerend. Die Gemeinden sind geistlich gestorben! Reformierte Pfarrer können in Gefahr kommen, ihr Pfarramt zu verlieren, wenn sie biblisch über Bekehrung und Wiedergeburt predigen. Nach weltweiten Statistiken war Europa im Jahr 2000 der am wenigsten evangelisierte Kontinent der Erde, mit rund 2,4% wiedergeborenen Christen. Dies ist das Ergebnis der Bibelkritik in den reformierten Kirchen.

Vertrauen wir auf Gottes Wort, statt auf bibelkritische Theologen

In Wirklichkeit gibt es keinen “wissenschaftlichen Grund”, der Bibel nicht zu vertrauen. Es gibt keine historisch dokumentierten Belege für die kritischen Theorien!
Das Wort der Bibel ist kräftig, weil es Gottes Wort ist. Wenn wir es im Vertrauen anwenden, erfahren wir diese Kraft. Wenn wir “die Güte des Herrn geschmeckt haben” und seine Liebe erfahren haben, dann ist es nur natürlich, dass wir mehr von seinem Wort möchten, die “unverfälschte geistliche Milch” (1.Petrus 2,2-3). Wenn wir jedoch an der Güte und Ehrlichkeit Gottes zweifeln, oder wenn wir glauben, er sei nicht fähig, uns die Dinge so zu sagen wie sie sind, dann wird unser Verlangen nach Gottes Wort abnehmen, und wir werden geistlich nicht wachsen.
Jesus überwand jede Versuchung des Feindes mit einem “Es steht geschrieben”. Petrus sagte: “Auf dein Wort hin will ich das Netz auswerfen”, und erlebte ein Wunder. An Pfingsten sagte er: “Dies ist es, was der Prophet Joel vorausgesagt hat”, im geschriebenen Wort. Die Gläubigen stützten ihr Gebet auf Gottes Wort, und Gott antwortete in mächtiger Weise (siehe Apg.4,24-31). Diese Kraft des Wortes Gottes ist auch uns zugänglich. Aber wir verlieren sie, wenn wir das Wort nur als fehlerhaftes Menschenwort ansehen.

Einige fragen: “Muss ich wirklich an die ganze Bibel glauben, um gerettet zu werden?” – Das klingt so ähnlich wie die Frage einer Braut, die eine Zeitlang von ihrem Bräutigam getrennt ist und von ihm nur Briefe bekommt: “Muss ich wirklich alle seine Liebesbriefe lesen?” – Wenn sie nicht alle Briefe liest, hört sie deswegen nicht auf, die Braut zu sein. Aber sie wird sich innerlich von ihrem Bräutigam entfremden; und es kann der Moment kommen, wo ihre Liebe völlig erkaltet und es zu einer Trennung kommt.

Richard Wurmbrand berichtet von einem Kind, das eine Zeitlang den Ausführungen eines kritischen Theologen zuhörte, und ihn dann mit der Frage unterbrach: „Wenn Gott nicht meinte, was er sagte, warum sagte er dann nicht, was er meinte?“ – Es täte uns gut, zu dieser kindlichen Einfachheit zurückzukehren und darauf zu vertrauen, dass Gott tatsächlich meinte, was er sagte.

Wenn wir an den Namen der biblischen Autoren zweifeln, dann werden wir auch an der Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit Gottes zweifeln. Wenn wir an der Schöpfungsgeschichte zweifeln, dann werden wir auch an der Allmacht und Weisheit Gottes zweifeln. Wenn wir an seinem Wort zweifeln, dann werden wir auch an seiner Kommunikationsfähigkeit zweifeln, und an seinem Wunsch, eine persönliche Beziehung mit uns zu haben. Jesus sagte: “Ich habe euch Freunde genannt, denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch mitgeteilt.” (Joh.15,15). In unseren Händen das offenbarte Wort Gottes zu haben, ist sein Freundschaftsgeschenk an uns.

Über die bibelkritische Theologie und die Situation in Lateinamerika

2. Dezember 2010

Vorbemerkung: Der folgende Artikel beruht auf einer längeren Schrift, die ich ca. 2004 in Perú zu verteilen begann aus Besorgnis über das Vordringen der Bibelkritik in evangelikalen Gemeinden und Bibelschulen. Wie stark der Einfluss der Bibelkritik hier ist, wurde mir aber erst klar, als mir mehrere regionale Leiter die Verbreitung dieser Schrift in den ihnen unterstellten Gemeinden verboten. Diese Artikelserie erscheint deshalb in der Kategorie „Zensurierte Artikel.“

Die Gedanken der Bibelkritik selber sind ja in Europa nicht neu. Ich habe deshalb die diesbezüglichen Erläuterungen gegenüber dem Original ziemlich stark gekürzt. Eher neu ist hingegen, dass diese Theologie auch in evangelikalen und offiziell „bibeltreuen“ Gemeinden gelehrt wird, und z.T. sogar als die einzig richtige Theologie bezeichnet wird. In Perú (und überhaupt in Lateinamerika) stellen die meisten evangelischen Kirchen in ihrem offiziellen Glaubensbekenntnis deutlich fest, dass die Bibel Gottes inspiriertes und irrtumsfreies Wort ist. Ihre Praxis unterscheidet sich davon aber sehr, wie Beispiel zeigt. Ich frage mich, was Gott ein grösseres Ärgernis ist: eine europäische Landeskirche, deren Theologen ganz offiziell sagen, die Bibel sei nicht so ernst (und schon gar nicht wörtlich) zu nehmen, oder eine sich bibeltreu nennende Freikirche, die unter dem Etikett „gesunde biblische Lehre“ verdeckt Bibelkritik lehrt?


Haben Sie sich schon einmal gefragt, was die angehenden Pfarrer und Theologen in ihren Bibelschulen und Seminaren lernen? Sicher lernen sie tiefe Geheimnisse der Bibel, in die kein gewöhlicher Sterblicher eindringen kann?
In Wahrheit lernen die Schüler vieler Bibelschulen und Seminare, die Bibel nach einer Methode auszulegen, die sich “Bibelkritik” nennt, oder auch “Liberale Theologie”, “Moderne Theologie”, “Historisch-kritische Methode”, “Wissenschaftliche Theologie”, “Bibelwissenschaften”, und andere Namen. Aber wie auch immer die Methode sich nennen mag, in Wirklichkeit ist sie unvereinbar mit dem Glauben Jesu und der Apostel.

Ein unangebrachtes Vorgehen

Diese kritische Theologie unternimmt grosse Anstrengungen, um zu zeigen, dass die Bibel (angeblich) viele Irrtümer und Widersprüche enthalte; dass die biblischen Autoren nicht wirklich das sagen wollten, was sie sagen; und dass sie nicht von Gott inspiriert waren. Wer noch glaubt, dass die Bibel irrtumslos von Gott inspiriert wurde, wird von diesen Theologen als “unwissenschaftlicher Fundamentalist” abgestempelt, und damit nicht ernstgenommen.
Wenn jemand von dieser Theologie beeinflusst wird, verliert er allmählich das Vertrauen auf das Wort Gottes. Als Methode gilt der Zweifel: Es muss zum voraus angenommen werden, die Bibel sei ein rein menschliches und fehlerhaftes Buch.
Gott sagt uns dagegen, dass die einzig angebrachte Weise, uns ihm zu nähern, darin besteht, dass wir bereit sind, seinen Willen zu tun (Joh.7,17) und zu vertrauen (Hebr.11,6). Die einzige Art und Weise, Gottes Gedanken kennenzulernen, besteht darin, sein offenbartes Wort anzunehmen (Jesaja 55,6-11). Wer das Vertrauen auf das Wort Gottes verwirft, verwirft das einzige existierende Instrument, um dieses Wort zu verstehen.

Vorerst nur ein kleines Beispiel: Eine Einleitung zum Alten Testament sagt:

“(Das Volk Israel) bestand aus verschiedenen Stämmen, die sich nicht vereinigten, bis David einen monarchischen Staat errichtete mit Jerusalem als Hauptstadt. Die historischen Quellen zu jener Epoche sind sehr fragmentarisch, weshalb wir den Ursprung des hebräischen Volkes im Detail nicht kennen.” (Studienbibel “Dios habla hoy”)

“Die historischen Quellen … sind sehr fragmentarisch” – dann wäre die Bibel also keine historische Quelle? – Nach der Bibel waren die zwölf Stämme Israels vereint seit der Zeit Moses, lange vor David. Aber die kritische Theologie nimmt die historischen Angaben der Bibel nicht ernst und schreibt die ganze Geschichte Israels um.

Der Einfluss der kritischen Theologie

– in den theologischen Seminarien:
Die Mehrheit der “akademischen Theologen” betrachtet die kritische Theologie als die einzig wahre Theologie. An den meisten theologischen Fakultäten ist es fast unmöglich, einen Abschluss zu erhalten für jemanden, der darauf besteht, dass die Bibel Gottes inspiriertes Wort ist. Deshalb: je höher der akademische Grad eines Theologen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen kritischen Theologen handelt.

– im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK):
Der ÖRK (auch „Weltrat der Kirchen“ genannt) hat die “historisch-kritische Methode” zu seiner offiziellen Theologie erklärt. Die meisten Leiter der ÖRK-Mitgliedskirchen fördern deshalb diese Theologie und unterdrücken andere Theologien.

– in den Bibelgesellschaften:
Die Vereinigten Bibelgesellschaften (United Bible Societies, UBS) sind ebenfalls mit dem ÖRK verbunden, und verbreiten die kritische Theologie. Die vorliegende Untersuchung beruht weitgehend auf in Lateinamerika verbreiteten Veröffentlichungen der UBS.

– in der katholischen Kirche:
Interessanterweise wurde die kritische Theologie, als sie im 19.Jh. auftauchte, vom Papst verurteilt. Aber anfangs des 20.Jh. gab es einem Umschwung, und heute arbeiten auch die meisten katholischen Theologen nach der “historisch-kritischen Methode”.

– im gefallenen Verstand des Menschen:
Den stärksten Einfluss der Bibelkritik müssen wir aber nicht in irgendeiner Organisation suchen, sondern in unserem eigenen Verstand. Von Natur aus sagt unser Verstand: “Ich kann die Wahrheit selber herausfinden, ich bin nicht sündig, ich brauche keine göttliche Offenbarung.” Dieser Stolz ist seit dem Sündenfall im Menschen drin. Der natürliche Mensch kann die geistlichen Dinge nicht erkennen (1.Kor.2,14), aber er glaubt alles zu wissen. Das ist genau die “historisch-kritische Methode”: eine Untersuchung der Bibel mit unserem natürlichen Verstand, als ob es keine göttliche Offenbarung gäbe.
So entwickelt sich ein Teufelskreis: Der Mensch handelt gegen Gottes Willen. Dann findet er in der Bibelkritik einen willkommenen Vorwand dafür: “Das ist sowieso nicht Gottes Wort; ich brauche das nicht ernstzunehmen.” So wendet er die kritischen Methoden an, was wiederum neuen Ungehorsam gegen Gottes Willen produziert.
Die Bibelkritik ist nicht aus wissenschaftlichen Gründen so weit verbreitet. Der wahre Grund ist, dass der Mensch einen Vorwand sucht, um in der Sünde zu verbleiben.
Auch wenn jemand sich zu Jesus bekehrt, wird der Verstand nicht plötzlich verändert. Wir müssen bewusste Anstrengungen unternehmen, um von unserem intellektuellen Stolz umzukehren und Gottes Offenbarung anzuerkennen. Auch ein Christ muss ständig sein Denken erneuern (Römer 12,2), sonst wird er zu einer leichten Beute für die Bibelkritik.
Deshalb handelt es sich in erster Linie um einen geistlichen Kampf (2.Kor.10,3-5). Wir müssen unsere Gedanken “gefangennehmen unter die Wahrheit Christi”.

Vorsicht vor den “Experten”!

Ich höre häufiger als früher christliche Leiter sagen: “Die Experten sagen…”, “Die Theologen sagen…” – Und fast immer ist es eine falsche Lehre, was die “Experten” sagen.
Zur Zeit der Reformation konnten die Christen zum wahren Evangelium zurückkehren, weil sie das Wort Gottes selber lesen konnten. So konnten sie die falschen Lehren der Kirche erkennen und widerlegen. Aber die heutigen Evangelischen scheinen diese Fähigkeit verloren zu haben. Statt selber zu erforschen, was das Wort Gottes wirklich sagt, folgen sie blindlings den “Experten”. Deshalb sind die evangelischen Gemeinden heute in eine Situation gekommen, die sehr der katholischen Kirche vor der Reformation ähnelt.

Ausgewählte Probleme der kritischen Theologie

Im folgenden werde ich einige Methoden und Theorien der Bibelkritik untersuchen. Die Beispiele entnehme ich zwei Werken, die von den UBS herausgegeben wurden:
Studienbibel “Dios habla hoy”, Kolumbien 1994 – Der Bibeltext ist die spanische Entsprechung zu “Die Gute Nachricht”; diese Studienbibel enthält ausführliche (bibelkritische) Einleitungen und Kommentare.
“Descubre la Biblia – Manual de Ciencias Bíblicas” (“Entdecke die Bibel – Handbuch der Bibelwissenschaften”, UBS, Kolumbien 1998)

Beide Bücher erwecken den Anschein, die göttliche Inspiration der Bibel zu befürworten, während sie in Wirklichkeit eine Indoktrination in Bibelkritik sind. Beide wurden mit grossem Werbeaufwand, Spezialpreisen und begleitenden Seminaren (mit kritischen Theologen) weit verbreitet, insbesondere unter Pastoren und Bibelschülern.
Es ist besorgniserregend, dass die UBS in Lateinamerika praktisch ein Monopol über die Bibelverbreitung innehaben. Und noch besorgniserregender, dass die evangelischen Gemeinden den theologischen Hintergrund der UBS nicht erkennen (welcher dem Glaubensbekenntnis fast aller lateinamerikanischen Gemeinden direkt widerspricht).

Zweifel über die biblischen Autoren

“Keines der vier Evangelien nennt den Namen des Autors. Ihre Zuschreibung zu den vier ‚Evangelisten‘ ist ziemlich viel später als die eigentlichen Evangelien, und kommt aus einer mündlichen Tradition, von der wir ab dem 3.Jh. schriftliche Zeugnisse haben.” (“Entdecke die Bibel”, S.176 Fussnote)
“Wahrscheinlich im 2.Jh. wurde es üblich, in die Abschriften der Evangelien die Titel ‚Nach Matthäus‘ (usw.) einzufügen. … Wir haben keine Information darüber, wie es zu dieser Identifikation kam.” (Studienbibel “Dios habla hoy”, S.1458)

Diese Äusserungen sind ziemlich merkwürdig, wenn wir in Betracht ziehen, dass keine einzige Evangelienhandschrift existiert, in welcher die Titel (“Nach Matthäus” usw.) fehlen würden (mit Ausnahme der unvollständigen Fragmente, in welchen der Anfang überhaupt fehlt.) Hier sehen wir, dass die “wissenschaftliche Theologie” in Wirklichkeit gar nicht wissenschaftlich ist: sie verbreitet Hypothesen, die mit keinem real vorhandenen Dokument belegt werden können. Die alten Handschriften legen vielmehr nahe, dass die Titel von Anfang an integraler Bestandteil der Evangelien waren.
Welche Absicht liegt dahinter, Zweifel zu säen über die Identität der biblischen Autoren? – Die Bücher des Neuen Testaments wurden hauptsächlich auf der Grundlage anerkannt, dass sie von einem Apostel geschrieben wurden, oder von einem unmittelbaren Aposteljünger unter Aufsicht eines Apostels. Die Urgemeinde zweifelte nie an der Identität der Autoren. Aber als im 19.Jh. die Bibelkritik aufkam, wurde vor allem die körperliche Auferstehung Jesu kritisiert. Die Auferstehung ist der klarste “Echtheitsbeweis” des christlichen Glaubens. Wenn jemand den christlichen Glauben angreifen wollte, musste er zuerst die Auferstehung leugnen. Könnte man “beweisen”, dass die Autoren der Evangelien keine Augenzeugen der Auferstehung waren, dann könnte man die Auferstehung als reine Erfindung der Urgemeinde abtun. Das ist das eigentliche Motiv hinter dieser Theorie.

Hier sagt einer der berühmtesten kritischen Theologen, was er wirklich glaubt:

“Das Osterereignis als die Auferstehung Christi ist kein historisches Ereignis; als historisches Ereignis ist nur der Osterglaube der ersten Jünger fassbar…”
(Rudolf Bultmann, 1941)

(NB: Zitate deutschsprachiger Autoren sind z.T. aus dem Spanischen rückübersetzt und können deshalb leicht vom originalen Wortlaut abweichen.)

In den Büchern der Bibelgesellschaften haben wir noch keine solchen Zitate – der Abfall vom Glauben wäre zu offensichtlich. Aber im Grunde haben die Theologen der Bibelgesellschaften die gleiche Theologie wie Bultmann.

Hier noch zwei Argumente gegen die Kritik der Evangelien:
– Joh.21,24 sagt eindeutig, dass der Autor ein Jünger Jesu und Augenzeuge der berichteten Ereignisse war.
– Paulus erwähnt in 1.Kor.15,6 mehr als 500 Augenzeugen der Auferstehung, “von denen viele noch leben”. (Auch die kritischen Theologen können nicht abstreiten, dass 1.Kor. weniger als 30 Jahre nach der Auferstehung Jesu geschrieben wurde.) Wenn dies eine Lüge oder Erfindung wäre, dann hätte jeder Feind des Christentums den Betrug sofort aufdecken können, indem er zeigte, dass diese Augenzeugen nicht existierten. Dann hätte sich die christliche Gemeinde aufgelöst, denn Paulus selber sagte: “Wenn Christus nicht auferstanden ist, … dann ist euer Glaube vergeblich” (1.Kor.15,14).

Die Suche nach Widersprüchen und die Annahme von verschiedenen “Quellen”

“In 2.Mose 3,1-15 verbinden sich zwei theologisch-literarische Traditionen, die aus zwei verschiedenen Zeiten und Orten stammen. Nur so erklärt sich, warum in einem Abschnitt, der die Offenbarung des Namens Yavé als eine Neuheit erzählt (2.Mose 3,11-15), Passagen vorkommen (2.Mose 3,2.4.7), wo dieser Name als Allgemeingut gebraucht wird. Dies lässt uns denken, dass in 2.Mose 3,1-15 eine Tradition erscheint, die den Namen Yavé schon länger gebrauchte, zusammen mit einer anderen, die diesen Namen hier zum ersten Mal einführt.”
(“Entdecke die Bibel”, S.198)

Dies ist ein Beispiel, wie die kritischen Theologen Widersprüche suchen, um die Autorschaft Moses abzustreiten. Der Name “Yavé” war schon zur Zeit Adams bekannt (1.Mose 4,26). In 2.Mose 3 steht nirgendwo, der Name Gottes sei eine “Neuheit”. Aber Mose kannte Gott noch nicht persönlich; er brauchte eine Offenbarung, wer Gott wirklich war. Wir können dies mit der Erfahrung Saulus‘ auf dem Weg nach Damaskus vergleichen: “Wer bist du, Herr? – Und er antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst…” (Apg.9,5) Hier argumentiert auch niemand, der Name “Jesus” werde als “Neuheit” eingeführt!

“Viele Bibelforscher identifizieren drei theologisch-literarische Traditionen, die in 1. bis 4.Mose miteinander verwoben sind. Diese Traditionen wurden J (Jahwist), E (Elohist) und P (Priesterschrift) genannt. … Vor seiner Endredaktion war der Pentateuch (die 5 Bücher Mose, Üs.) in Traditionen aufgeteilt, welche das Volk begleiteten auf seinem Weg durch die verschiedenen historischen Momente … J ist vor allem mit Juda verbunden, und gehört in die Zeit des vereinten Königreichs (10.Jh.v.Chr.). E ist mit dem Nordreich verbunden und stammt aus der Zeit der Reichsteilung (9.-8.Jh.v.Chr.). P ist mit Jerusalem verbunden, als die Nation nicht mehr existierte (nach dem Exil).”
(“Entdecke die Bibel”, S.198-199 Fussnote)

Hier haben wir die kritische Theorie über die angeblichen Autoren der Bücher Mose. Nach dem Exil, als der letzte der hypothetischen Autoren lebte, wären wir etwa 900 Jahre nach Mose! (Wir werden später sehen, warum die kritischen Theologen daran interessiert sind, die biblischen Bücher möglichst spät zu datieren.)
Auch diese Theorie lässt sich mit keinem schriftlichen Dokument belegen. Wenn z.B. die “Tradition J” 500 Jahre lang als eigenständige Tradition existiert hätte, dann müssten doch Handschriften existieren, die nur diese Tradition enthalten. Aber alle Handschriften enthalten die 5 Bücher Mose in der Form, die wir heute kennen.
Ausserdem (was der Autor der Bibelgesellschaft uns nicht sagt), sind die kritischen Theologen weit davon entfernt, miteinander übereinzustimmen über den Ursprung einer gegebenen Bibelstelle in “J”, “E” oder “P”; oder auch nur über die genaue Anzahl der “Traditionen”.
Und noch etwas sagt uns der Autor nicht: Es ist schlicht unmöglich, die Bücher Mose so auf die drei oder mehr angenommenen “Traditionen” aufzuteilen, dass jeder Teil für sich Sinn machen würde. Um ihre Theorie aufrechtzuerhalten, müssen die Theologen annehmen, die Orignal-”Traditionen” seien ständig verändert worden, Teile seien weggelassen und andere hinzugefügt worden, ganze Abschnitte seien vollständig umgeschrieben worden gemäss der theologischen Tendenz des jeweiligen “Redaktors”, usw. – kurz, das Ganze seien menschliche Erfindungen und Legenden, aber keine historischen Ereignisse und erst recht nicht Offenbarung Gottes.

“Die Pastoralbriefe (1./2.Timotheus, Titus – Üs.), im Vergleich zu den anderen Paulusbriefen, zeigen verschiedene Besonderheiten. Die Sprache dieser Briefe ist ziemlich anders. Es erscheinen Ausdrücke, die in den anderen Briefen nicht vorkommen; und andere, die typisch sind für Paulus, kommen hier nicht vor. Auch im Inhalt gibt es auffallende Unterschiede … Viele denken, dass die Pastoralbriefe in eine Situation nach dem Tod des Paulus gehören, und von einem Paulusjünger geschrieben wurden.”
(Studienbibel “Dios habla hoy”, S.1805)

Wenn wir im Bibeltext Unterschiede oder unterschiedliche Standpunkte finden, dann gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

1. Wir nehmen eine Haltung des Zweifels und der Kritik ein, und nehmen zum voraus an, die Bibel enthalte Fehler.
– Dies tut der Autor des obigen Kommentars. Er hebt die Unterschiede hervor und schreibt sie unterschiedlichen menschlichen Tendenzen zu, welche die ursprüngliche Botschaft oder die ursprünglichen Tatsachen abgeändert hätten. Wer sagt, gewisse Ausdrücke seien “nicht typisch für Paulus”, der nimmt zum voraus an, was er beweisen will. Um festzustellen, welches die “typischen Ausdrücke” Paulus‘ sind, müsste man die Gesamtheit seiner Werke in Betracht ziehen, statt zum voraus anzunehmen, gewisse Briefe seien nicht von ihm.

2. Wir anerkennen, dass wir nicht alles wissen, weil wir nicht die vollständige Information über die Situation haben; aber wir vertrauen, dass der Heilige Geist die biblischen Schreiber inspiriert hat, und dass es deshalb keinen Irrtum gab.
– Dann werden wir einen Weg suchen und finden, wie die Unterschiede erklärt werden können als verschiedene Aspekte derselben Wahrheit.
Wir werden dann verstehen, dass der Stil und Wortschatz der Pastoralbriefe anders ist, weil Paulus sie in einer anderen Situation schrieb (gegen Ende seines Lebens), an andere Empfänger (Leiter, nicht die Gemeinde insgesamt), und zu anderen Themen (die Leitung der Gemeinde). Paulus war keine “Maschine”, die mechanisch immer dieselben Ausdrücke verwenden müsste.
Würden wir die kritische Methode auf moderne Literatur anwenden, dann kämen wir zum Schluss, “Narnia” und “Pardon, ich bin Christ” könnten keineswegs vom selben Autor geschrieben worden sein. Wortschatz und Stil der beiden Werke sind völlig unterschiedlich. “Narnia” ist ein Fantasieroman für Kinder, in welchem christliche Ideen und heidnische Mythologie nebeneinander vorkommen. “Pardon, ich bin Christ” ist eine intellektuelle Verteidigung des Christentums. Aber in Wirklichkeit wurden beide Bücher von C.S.Lewis geschrieben.

Annahme des Gebrauchs von Pseudonymen

“Manchmal schrieb ein uns unbekannter Autor unter dem Namen einer Person von anerkannter Autorität, um die von jener Person ausgedrückten Ideen schriftlich zu sammeln, oder sie zu interpretieren … Es war sogar üblich, dies auch nach dem Tod des angenommenen Autors zu tun.” (Studienbibel “Dios habla hoy”, S.1698)
(Kritische Theologen nehmen dies an z.B. im Fall der Pastoralbriefe, und 2.Petrus.)

– Es ist wahr, dass diese Praktik im Heidentum vorkam (z.B. griechische Philosophen). Aber das Volk Israel und die christliche Gemeinde leben unter dem Gebot: “Du sollst nicht falsch Zeugnis geben.” Aus der frühen Kirche ist der Fall eines Ältesten bekannt, der einen Brief unter dem Namen des Apostels Paulus schrieb. Als dies ans Licht kam, wurde der besagte Älteste seines Amtes enthoben. Dies zeigt klar, dass die christliche Gemeinde den Gebrauch solcher “Pseudonyme” nicht erlaubte.

Sind diese Fragen wichtig?

Die Kommentaristen der “Studienbibel”versichern, dass solche Theorien in keiner Weise unseren Glauben beeinträchtigen. Der Autor des obigen Kommentars beruhigt uns sogleich:

“Diese Tatsache vermindert weder die Autorität noch den religiösen Wert dieser Schriften.”

Aber: Kann ich noch auf die Bibel als Wort Gottes vertrauen, wenn ich annehme, dass einige ihrer Autoren uns einen falschen Namen angaben? Kann ich auf die Bibel vertrauen, wenn ich annehme, dass einige ihrer Bücher aus verschiedenen Werken mit verschiedenen theologischen Tendenzen zusammengefügt wurden? – Viele Evangelische sagen ja; aber sehen wir, was die Konsequenzen sind.
Es geht hier nicht nur um so oberflächliche Dinge wie den Namen eines Autors. Es geht um grundsätzliche Unterschiede im Glaubenssystem dieser Theologie. Wenn wir die Schlussfolgerungen akzeptieren (Pseudonimie, usw.), dann werden wir allmählich auch die Denkvoraussetzungen annehmen, die hinter diesen Schlussfolgerungen liegen.

Z.B: Wenn ich annehme, die Pastoralbriefe seien nicht von Paulus, dann muss ich auch annehmen, der unbekannte Autor hätte Einzelheiten aus dem Leben des Paulus dazu erfunden (1.Tim.1,3, 2.Tim.4,9-18). Ich müsste dann allgemein an der Wahrhaftigkeit und Integrität der ersten Jünger Jesu zweifeln. Ich käme dann zum Schluss, auch die Worte Jesu in den Evangelien seien vielleicht keine authentischen Worte Jesu. (Tatsächlich kommt die Bibelkritik zu diesem Schluss.) Aber wie könnte ich mein Leben auf Worte aufbauen, die von Lügnern erfunden wurden?
Die Interpretationen der kritische Theologie erscheinen dem natürlichen Menschenverstand plausibel, aber sie sind wie Angelhaken: sie sind an einer langen Schnur angebunden, die uns immer weiter von Gott wegzieht.

(Fortsetzung folgt)