Archive for Oktober 2015

Themen, über die ich lieber nicht streiten möchte (1)

28. Oktober 2015

Ich habe in diesem Blog schon verschiedene kontroverse Artikel veröffentlicht über Themen, die mir wichtig sind; und ich werde das – so Gott will – weiterhin tun. Daneben gibt es aber verschiedenste Themen, über die in manchen Kreisen – wie ich meine – völlig unnötigerweise heftig gestritten wird. Themen, die manchmal zu Kriterien über die „Christlichkeit“ anderer Menschen erhoben werden, obwohl sie überhaupt nicht heilsentscheidend sind.

Paulus warnte Timotheus: „Aber die törichten und unziemlichen Streitfragen weise ab, weil du weisst, dass sie nur Streitigkeiten erzeugen.“ (2.Tim.2,23) Timotheus sollte auch andere Menschen zurechtweisen, die „auf Fabeln und endlose Geschlechtsregister achten, die vielmehr Streitfragen hervorbringen statt Dienstleistung im Haushalt Gottes“ (1.Tim.1,4), und die „sich zu nichtigem Geschwätz hinweggewendet haben, indem sie Gesetzeslehrer sein wollen, ohne doch zu verstehen, weder was sie sagen noch worüber sie zuversichtlich Behauptungen aufstellen“ (1.Tim.1,7).
– Das bedeutet gerade nicht, dass Timotheus seine eigene Bibelinterpretation durchsetzen solle und alle anderen Interpretationen als „Irrlehre“ brandmarken solle. Es bedeutet, dass er jene Menschen zurechtweisen sollte, welche gewisse Feinheiten in der Bibelinterpretation überhaupt zu einer Streitfrage machten; weil solche Streitfragen nur ablenken von den wirklich wichtigen grossen Wahrheiten, und von der „Dienstleistung im Haushalt Gottes“.

Ich möchte hier also einige der Themen nennen, die ich unter diese Kategorie einreihen würde.

– Dies ist nun der weiss-nicht-wievielte-schon Anlauf, diese Artikelserie zu schreiben. Ich musste nämlich feststellen, dass jedesmal, wenn ich begründen wollte, warum ich eines dieser Themen als nicht heilsentscheidend betrachte und die Streitgespräche darüber als schädlich, ich in die Gefahr gekam, verschiedenste mögliche Argumente für und gegen beide Seiten der Kontroverse anzuführen, und damit den Streitgesprächen gerade wieder neue Nahrung zuzuführen. Aber dieser Umstand ist vielleicht gerade die beste Begründung dafür, dass diese Themen wirklich nicht zu Streitfragen unter Christen gemacht werden sollten.
Ich werde jetzt also versuchen, die Für- und Gegen-Argumente auf ein Minimum zu beschränken. Es möge hier genügen zu sagen, dass ich in den genannten Themenbereichen für beide Seiten der Kontroverse ein gewisses Verständnis aufbringe; nicht aber für die gegenseitigen Anschuldigungen und Verurteilungen, die in diesen Zusammenhängen oft vorgebracht werden. Wem die von mir vorgebrachten Ausführungen nicht genügen sollten, der möge bitte zuerst selber ein durchschlagendes biblisches Argument suchen, warum die Ansicht einer Person zu der betreffenden Streitfrage über deren ewiges Heil oder Verdammnis entscheiden sollte.

1. Der „äusserliche Verhaltenskodex“

In gewissen Kreisen wird stundenlang über Fragen diskutiert wie:
„Darf ein Christ an einem Fest teilnehmen, wo getanzt wird?“
„Darf ein Christ Bier trinken?“
„Darf eine christliche Frau Ohrringe tragen?“
„Darf ein Christ ins öffentliche Schwimmbad gehen?“
„Darf ein Christ Börsengeschäfte machen?“
„Darf ein Christ weltliche Musik hören?“
„Darf ein Christ eine politische Partei unterstützen?“
„Darf ein Christ … ?“

Und oft sind die Fronten zum vornherein festgelegt: Wer mit „Nein“ antwortet, ist „gesetzlich“; wer mit „Ja“ antwortet, ist „liberal“ oder „verweltlicht“.

Da es zu diesen Fragen keine Bibelverse gibt, die sagen „Du darfst“ oder „Du darfst nicht“, wird dann meistens über ziemlich willkürliche Kriterien diskutiert. Z.B. Musik: Ist Mozart auch „weltliche Musik“? Johann Strauss? Wagner? Elvis Presley? Die Beatles? Wo setzen wir die Grenze an? – Oder Alkohol trinken: Ich bin ja auch dafür, dass wir mit unserem von Gott geschaffenen Körper sorgsam umgehen sollen. Aber wo ist die Grenze? Kaffee und Schwarztee enthalten auch Nervengifte. Insektizide, Konservierungsmittel und künstliche Lebensmittelfarbstoffe sind ebenfalls schädlich. Und wenn wir von der psychischen Abhängigkeit als Kriterium ausgehen, da gibt es auch Leute, die sind von Schokolade oder Coca-Cola abhängig. – Andererseits schreibt Paulus über die Nahrungsmittel: „Denn alles von Gott Geschaffene ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Danksagung empfangen wird; denn es wird durch Gottes Wort und Gebet geheiligt.“ (1. Timotheus 4,4-5).

Ich würde sagen, schon die Fragen sind falsch gestellt. Wer die Geistlichkeit eines Christen an solchen äusserlichen Kriterien festmachen will, der hat etwas ganz Entscheidendes am Christenleben nicht begriffen: Christsein bedeutet nicht, einen unpersönlichen Katalog von Geboten und Verboten einzuhalten. Es bedeutet auch nicht, einfach „frei“ tun zu können, worauf man gerade Lust hat. Christsein bedeutet „in Christus“ zu sein, d.h. in einer persönlichen engen Beziehung zu ihm. „Nicht mehr ich (lebe), sondern Christus lebt in mir.“ (Galater 2,20). Es bedeutet, „das Gesetz Gottes im Herzen geschrieben zu haben“ (Jeremia 31,33). „Da wird keiner mehr seinen Bruder belehren und sprechen ‚Erkennet en Herrn!‘, sondern sie werden mich alle erkennen, klein und gross …“ (Jeremia 31,34). (Dispensationalisten, die nicht an den Neuen Bund für Christen glauben, mögen stattdessen 1.Johannes 2,27 lesen…)

Deshalb muss in diesen Fragen, für die es in der Bibel keinen festgeschriebenen Verhaltenskodex gibt, jeder Christ für sich selbst vor Gott seine „Grenzen“ festsetzen, und vielleicht sogar in jeder neuen Situation wieder neu; je nachdem, wie es in seinem eigenen Herzen aussieht. Der eine kann unbekümmert ins Schwimmbad gehen, ohne durch den Anblick junger Frauen im Badeanzug Schaden zu nehmen; für den andern mag es schon eine Anfechtung sein, an einem Sommertag eine leichtbekleidete Frau auf der Strasse anzusehen. Der eine kann mit Reichtümern umgehen, ohne dadurch zu Habsucht und Geiz verführt zu werden; ein anderer muss ständig gegen diese Versuchung kämpfen, ob er viel oder wenig hat, Geschäfte macht oder nicht.

Das Neue Testament warnt uns davor, in diesen Bereichen des äusserlichen Verhaltens vorschnell zu urteilen:
„Wer bist du, der du einen fremden Knecht richtest? Er steht oder fällt seinem eigenen Herrn. Er wird aber stehenbleiben, denn der Herr vermag ihn aufrechtzuhalten.“ (Römer 14,4). Ebenso sollten wir aber nicht denken, wir „dürften“ jetzt einfach alles: „Wohl dem, der sich selbst nicht richten muss in dem, was er gutheisst! Wer dagegen zweifelt, wenn er isst, der ist verurteilt, weil es nicht aus Glauben geschieht; alles aber, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde.“ (Römer 14,22-23)

Hüten wir uns also vor vorschnellen Antworten im Stil von „Ein Christ darf …“ oder „Ein Christ darf nicht …“ Fügen wir dem Wort Gottes keine Menschengebote hinzu, weder im einengend-gesetzlichen Sinn noch im Sinn einer billigen Gnade, die das Gewissen abstumpft. Das führt nur zu unnützen Streitfragen.

Und noch etwas: Wenn wir fragen „Darf ein Christ …?“, dann gehen wir eigentlich schon davon aus, dass unsere eigenen Wünsche dem Willen Gottes entgegenstehen: Wir möchten gerne etwas tun; aber entweder verbietet Gott es uns, weil er uns die Freude nehmen will; oder er erlaubt uns grosszügigerweise (aus „Gnade“) etwas, was er eigentlich nicht will oder woran wir selber im Grunde unseres Herzens zweifeln. So oder so drückt der Frager aus, dass er eigentlich nicht in einer richtigen Beziehung zu Gott steht: Sein Wille ist nicht im Einklang mit dem Willen Gottes. Er vertraut Gott nicht, dass er das Beste für uns will.
Wer „seine Wonne hat am Herrn“, dem „gibt er, was dein Herz begehrt“ (Psalm 37,4) – ohne Hintergedanken, und ohne den Verdacht, es könnte sich um eine nicht ganz rechtmässige „Ausnahmebewilligung“ handeln. Denn wer durch Gottes Geist wiedergeboren wurde, der wird von Gott im Innersten umgewandelt, sodass er von Herzen wünscht, was auch Gott wünscht. (Jeremia 31,33-34, Ezechiel 36,25-27, Römer 8,1-5). Wenn wir also wieder einmal versucht sind, über eine Frage im Stil von „Darf ein Christ …?“ zu streiten, dann sollten wir uns vielleicht zuerst fragen, was in unserem eigenen Herzen noch nicht in Ordnung ist, dass wir es für notwendig halten, über diese Frage zu diskutieren.

„Das Ende der westlichen Zivilisation“

13. Oktober 2015

Vor kurzem las ich einen Artikel von Andrew Strom mit dem obigen Titel. Er schreibt darin u.a:

„Schon seit einiger Zeit bin ich überzeugt, dass wir in diesem Jahrhundert den Zusammenbruch unserer Zivilisation sehen werden – ob nun Jesus in dieser Zeit wiederkommt oder nicht. Es hat Jahrhunderte gedauert, diese Zivilisation aufzubauen. Aber ich glaube, bevor dieses Jahrhundert zu Ende geht, wird diese Zivilisation sich in einem Zustand der Zerstörung und des Zusammenbruchs befinden, wie es sich kaum jemand vorstellen kann.“

Dann zitiert er aus einer Leserzuschrift:

„Jemand, den ich kenne, hatte einen Traum: Eine riesige Hand hob die ganze westliche Hemisphäre auf, als wäre sie eine papierene Landkarte, knüllte sie zusammen zu einem Ball und warf sie fort.
(…) Der Unterschied zwischen unseren Ländern, die sündigen, und den heidnischen Ländern, die sündigen, ist dieser: Unsere Länder haben sich zu Christus bekannt und sind rund um die Welt als christliche Länder bekannt; aber wir lästern und schänden seinen Namen vor der ganzen Welt. Zu seiner eigenen Ehre muss Gottes Langmut ein Ende haben, wenn seine Warnungen nicht zur Umkehr führen. Das Gericht beginnt bei seinem Haus … und dann bei der Welt!“

Ich glaube, zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine Träume oder prophetischen Eingebungen mehr nötig, um dies sehen zu können. Man braucht sich nur den (un-)geistlichen Zustand der Gesellschaft anzusehen (inbegriffen der Kirchen), dann in der Bibel zu lesen, wie Gott in solchen Zeiten zu handeln pflegte, und dies mit den aktuellen Nachrichten zu vergleichen.

Zur Zeit erlebt ja Europa eine noch nie dagewesene Flüchtlingskrise. (Strom bezog sich übrigens nicht darauf, sondern hauptsächlich auf die aktuelle Entwicklung in den USA.) Als „ferner Beobachter“ frage ich mich, was der geistliche Hintergrund dieser Geschichte ist. Ist dies eine grossartige Gelegenheit, christliche Nächstenliebe und Evangelisation zu pflegen, da nun mitten in Europa grosse Mengen von Menschen leben, in deren Herkunftsländern christliche Mission schwierig bis unmöglich ist? – Ja, es wäre eine solche Gelegenheit, wenn Europa noch eine ausreichende christliche Grundlage hätte. – Oder ist dies ein Gericht Gottes über die Nationen, die in der Vergangenheit ihn ehrten, nun aber von ihm abgefallen sind? Diese Alternative ist unangenehm, aber wohl realistischer. Hätten nicht viele Europäer (inbegriffen viele, die sich Christen nennen) aufgrund ihrer Einstellung und Lebensweise mehr Anlass, von den Moslems missioniert zu werden, als umgekehrt?

In den „Geiernotizen“ fand ich eine ausführliche, lesenswerte Analyse der Situation. Dazu habe ich nicht viel beizufügen – ich habe ja nicht so viel Zugang zu aktuellen Informationen darüber -, ausser folgendem: „Geier“ fragt sich unter anderem:

„Ich überlege jedenfalls schon seit Wochen, ob es irgendeine historische Parallele aus den letzten anderthalb Jahrtausenden dafür gibt, daß ein Land gänzlich ohne Waffengewalt erobert wurde – und auch völlig ohne Gegenwehr – einfach nur überrannt von einem fremden, unbewaffneten Heer.“

Nun, es gibt eine Parallele, nur ist sie gerade etwas länger als anderthalb Jahrtausende her, und die Waffengewalt kam später schon noch zum Zuge. (Ich würde annehmen, auch gegenwärtig wäre ein „unbewaffnetes Heer“ für sich allein noch nicht genügend, um Europa zu erobern.) Ich habe z.Z. kein Buch über europäische Geschichte zur Hand und kann nur aus einem alten Schulheft zitieren, aber das ist in diesem Fall ausreichend:

„Als 375 die Hunnen einfielen und die Ostgoten unterwarfen, wichen die Westgoten ins Römische Reich aus. Dort (im späteren Ostrom) wurden sie von den Römern als Flüchtlinge aufgenommen. Aber als die oströmische Regierung von den Goten Steuern erheben wollte, verschlechterte sich das Verhältnis, und die Westgoten siegten in einer Schlacht.
Um 400 zogen sie über das Meer nach Westen und kamen 401 unter König Alarich in Norditalien an. Dies führte zum Abzug römischer Truppen aus Helvetien, und das militärische Zentrum Vindonissa wurde aufgelöst. 410 wurde Rom von den Westgoten geplündert. Das war ein unerhörtes Ereignis, denn die letzten feindlichen Truppen, die in Rom eingedrungen waren, waren die Kelten (Gallier) um 386 v.Chr. gewesen.“

Tatsächlich scheint mir die gegenwärtige Situation vergleichbar mit der Zeit der Völkerwanderung, die der äussere Anlass zum Untergang Roms war. Francis Schaeffer schrieb schon vor vierzig Jahren:

„Als ihr Reich sich zerrieb, gaben die dekadenten Römer sich einem Durst nach Gewalt und der Befriedigung ihrer Sinnlichkeit hin. Das lässt sich besonders an ihrer zügellosen Sexualität ablesen. In Pompeji zum Beispiel (…) stand der Phalluskult im Vordergrund. Statuen und Gemälde von übertriebener Sexualität schmückten die Häuser der Wohlhabenden.
(…) Als es mit der von verschärfter Inflation und einer aufwendigen Regierung belasteten Wirtschaft Roms immer mehr bergab ging, wurde die Herrschaft des Staates immer autoritärer, um der Apathie entgegenzuwirken. Da niemand mehr bereit war, freiwillig zu arbeiten, musste der Staat in dieser Hinsicht oft eingreifen, und Freiheiten gingen verloren.
(…) Der Untergang Roms ist nicht äusseren Kräften, wie zum Beispiel der Invasion der Barbaren, zuzuschreiben. Rom hatte keine ausreichende innere Grundlage; die Barbaren führten den Zusammenbruch lediglich zu seiner Vollendung.“
(Francis Schaeffer in „Wie können wir denn leben?“)

Schaeffer untersucht dann die ganze abendländische Geistesgeschichte bis zur (damaligen) Gegenwart, und schreibt nach dieser Abhandlung:

„Edward Gibbon erwähnte in seinem Buch Der Untergang des Römischen Weltreiches (1776-1788) die folgenden fünf Kennzeichen, die Rom am Ende aufwies: erstens eine zunehmende Vorliebe für Zurschaustellung und Luxus (Wohlstand); zweitens eine grösser werdende Kluft zwischen den sehr Reichen und den sehr Armen; (…) drittens eine exzentrische Sexualität; viertens eine groteske, wunderliche Kunst, die sich als originell ausgab (…); fünftens ein zunehmendes Verlangen, auf Kosten des Staates zu leben.
Dies kommt uns alles sehr bekannt vor. Wir haben seit unserem ersten Kapitel viel gesehen – nun sind wir wieder in Rom.“

Nur noch ein kleiner Nachtrag: Ich möchte nicht in dem Sinn verstanden werden, Europa könnte gerettet werden, wenn es die Flüchtlinge zurückschickte. In keiner Weise. Wenn Europa noch eine christliche Grundlage hätte, dann könnte es mit dieser Krise auf eine segensreiche Weise fertigwerden, die das Licht des Evangeliums auf den Leuchter stellte. Ich bin sicher, dass dies in einigen kleinen übriggebliebenen „Inseln“ echten christlichen Lebens auch geschehen wird. (Ich habe einen Bekannten, der schon jahrelang mit Flüchtlingen arbeitet, und er kann von beeindruckenden Zeugnissen berichten, wie sie in „normalen Gemeinden“ kaum noch vorkommen.) – Nun aber versucht Europa, aus rein „humanitärem Pflichtbewusstsein“ etwas zu tun, was es eigentlich nur auf der Grundlage des christlichen Glaubens tun könnte, und wird deshalb früher oder später unter der Last zusammenbrechen.
So wie die Barbaren nicht allzu viel mit dem Untergang Roms zu tun hatten (s.o.), so werden auch die Flüchtlinge und der Islam nicht der eigentliche Grund für den bevorstehenden Untergang des Abendlandes sein. Sie sind nur der äussere Anlass, der die innere geistlich-moralische Schwäche der westlichen Welt offenbar werden lässt.

Echte oder falsche Umkehr? (Teil 2)

9. Oktober 2015

Vorsicht vor Fälschungen

Nach alldem (siehe Teil 1) können wir verstehen, dass wahrscheinlich viele Mitglieder christlicher Gemeinden sich nie wirklich bekehrt haben. Sie haben eine äusserliche Handlung vollzogen (ein Übergabegebet, ein Sündenbekenntnis, eine Taufe), die Gemeinde hat das als Bekehrung aufgefasst, und jetzt nennen sie sich „Christen“. Aber sie erlebten keine echte Bekehrung.
Das ist eine ernste Angelegenheit. Es geht hier nicht um philosophische Unterscheidungen. Nur eine echte Bekehrung führt zur Erlösung. Deshalb sind viele, die sich Christen nennen, in Wirklichkeit auf dem Weg ins Verderben.

Als der Evangelist Philippus in Samarien das Evangelium verkündete, bekehrte sich eine sehr bekannte Persönlichkeit. Er war „ein Mann namens Simon, der vorher in jener Stadt Zauberei betrieben hatte und die Leute von Samarien verführt hatte … Aber als sie Philippus glaubten … glaubte auch Simon, liess sich taufen, und hängte sich an Philippus…“ (Apostelgeschichte 8,9.13)
Was für eine wunderbare Veränderung! Der berühmte Zauberer und Betrüger sagt der Zauberei ab und wird Christ!

Einige Tage später geschah etwas Besonderes. Die Apostel kamen von Jerusalem und beteten über den Bekehrten, damit sie den Heiligen Geist erhielten. „Als Simon sah, dass durch die Handauflegung der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde, bot er ihnen Geld an und sagte: Gebt auch mir diese Macht…“ (Apg.8,18-19) Wäre das nicht wunderbar, einen Diener mehr zu haben, der den Heiligen Geist geben könnte? – Aber Petrus liess sich nicht so leicht hinters Licht führen. „Petrus sagte zu ihm: Dein Geld gehe mit dir ins Verderben, weil du gedacht hast, man könne die Gabe Gottes mit Geld kaufen. Du hast kein Los und keinen Anteil an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. Kehre also um von deiner Bosheit, und bitte Gott, dass dir vielleicht der Gedanke deines Herzens vergeben werde…“ (Apg.8,20-22)

Hier wird Simon entlarvt. Seine Umkehr war nicht echt. Äusserlich hatte er der Zauberei abgesagt; aber innerlich dachte er nur daran, sie durch eine andere Art „Zauberei“ zu ersetzten: die Kraft des Heiligen Geistes. Er sehnte sich nach dieser Macht, nicht um Gott zu gefallen, sondern einfach um Macht zu besitzen. Die Motive seines Herzens hatten sich nicht geändert.

Jetzt hat Simon eine zweite Gelegenheit, wirklich umzukehren. Wird er diese Gelegenheit ergreifen?

– „Und Simon antwortete: Betet ihr für mich zum Herrn, dass nichts von dem, was ihr gesagt hat, über mich komme.“ (Apg.8,24)

Viele unserer heutigen Geschwister würden denken: „Jetzt hat sich Simon wirklich bekehrt.“ Zum zweiten Mal würden sie ihn fröhlich als Bruder willkommen heissen. Und zum zweiten Mal wären sie betrogen!

Untersuchen wir Simons Reaktion. Petrus hatte ihm gesagt: „Bitte Gott…“ Aber Simon tat das nicht. Stattdessen sagte er: „Betet ihr für mich zum Herrn…“ Er war nicht bereit, sich selber vor Gott zu demütigen! (Hier sehen wir gleichzeitig den Anfang des römisch-katholischen Systems, wo der Gläubige seine Sünden nicht direkt vor Gott bekennen kann, sondern die Vermittlung eines „Priesters“ benötigt. Aber das wäre ein anderes Thema…)
Ausserdem hatte ihm Petrus gesagt: „Kehre um … dass dir vielleicht der Gedanke deines Herzens vergeben werde“. Simon bat um etwas anderes. Er bat stattdessen, „dass nichts von dem über mich komme“. Mit anderen Worten, Simon bat darum, der Strafe Gottes entrinnen zu können, aber ohne sein Herz zu ändern. Er wollte die Vergebung und das Wohlwollen Gottes nicht; er wollte nur einer unbequemen Situation entrinnen.

Irenäus, ein Schriftsteller des zweiten Jahrhunderts, berichtet uns, was später mit Simon geschah:

„Er widmete sich dann … mit noch grösserem Eifer dem Studium der Zauberkunst, um die Mengen noch besser in Erstaunen zu versetzen und sie zu beherrschen. … Dieser Mann wurde dann von den Menschen verherrlicht, als ob er ein Gott wäre; und er lehrte, dass er selber unter den Juden als der Sohn erschienen sei, aber in Samarien als der Vater heruntergekommen sei. … Mit einem Wort, er stellte sich selbst dar, als wäre er die allerhöchste aller Mächte, der Vater über alles…“
(Irenäus, „Gegen die Irrlehrer“, I,23)

So weit verirrte sich der Mann, der nach aussen „bekehrt“ aussah, aber seine Bekehrung war nicht echt. Lassen wir uns nicht täuschen!

Ich erwarte jetzt nicht, dass du und ich fähig wären, alle falschen Bekehrten zu entdecken. Sogar der grosse Evangelist Philippus wurde anfangs von Simon getäuscht. Aber unsere eigene Bekehrung sollten wir überprüfen. War deine Bekehrung echt? Ist dein Herz aufrichtig vor Gott?

Zwei reuige Könige

Ich möchte zwei Beispiele aus dem Alten Testament erzählen, die den Unterschied zwischen einer echten und einer falschen Umkehr noch etwas mehr illustrieren.

Der König Saul war Gott ungehorsam gewesen. Der Prophet Samuel konfrontierte ihn: „Weil du das Wort des Herrn verworfen hat, hat auch er dich verworfen, dass du nicht mehr König seist.“ (1.Samuel 15,23)
Wie antwortete Saul?
– „Ich habe gesündigt; denn ich habe das Gebot des Herrn gebrochen und deine Worte, denn ich fürchtete das Volk und gab ihrer Stimme nach. Vergib also jetzt meine Sünde und kehre mit mir zurück, damit ich den Herrn anbete.“ (1.Samuel 15,24-25)

Es scheint, dass Saul seine Sünde eingesteht und bereut. Aber da ist ein kleines Detail: Saul bat zwar Samuel um Vergebung, aber nicht Gott. Saul verstand, dass Samuel verärgert war, denn Samuel stand in jenem Moment gerade vor ihm (und wahrscheinlich nicht mit einem sehr liebenswürdigen Gesichtsausdruck). Aber anscheinend verstand Saul nicht, dass sein Vergehen gegen Gott unvergleichlich schwerer wog als sein Vergehen gegen Samuel.

Samuel, der Prophet Gottes, sah sehr gut, wie es im Herzen Sauls wirklich aussah:
„Und Samuel antwortete Saul: Ich werde nicht mit dir zurückkehren, denn du hast das Wort des Herrn verworfen, und der Herr hat dich verworfen, dass du nicht mehr König seist über Israel.“ (1.Samuel 15,26) – Samuel sah, dass Sauls Reue nicht echt war, und nahm sie deshalb nicht an.

„Und er (Saul) sagte: Ich habe gesündigt; aber ich bitte dich, ehre mich vor den Ältesten meines Volkes und vor Israel, und kehre mit mir zurück, damit ich den Herrn, deinen Gott, anbete.“ (1.Samuel 15,30)

Jetzt kommt der wahre Beweggrund Sauls ans Licht: „damit du mich vor dem Volk ehrst“. Es war Saul wichtig, was die Leute von ihm dachten; aber was Gott von ihm dachte, kümmerte ihn nicht. Er wollte nur vor den Menschen gut dastehen.
„Menschenfurcht ist ein Fallstrick; aber wer auf den Herrn vertraut, wird erhöht werden.“ (Sprüche 29,25). Saul hatte Menschenfurcht, aber keine Gottesfurcht. Er wollte von Menschen geehrt werden, aber die Ehre Gottes kümmerte ihn nicht. Und mit diesem verkehrten Herzen konnte er sogar noch Reue heucheln!

Danach tat Samuel etwas Bedeutungsvolles. Er liess den König der Amalekiter herbeiholen (den Saul im Krieg gefangengenommen hatte) und tötete ihn. Das war der Befehl Gottes an Saul gewesen: den König von Amalek zu töten. Samuel tat also, was Saul hätte tun sollen. Hätte Saul seinen Ungehorsam wirklich bereut, dann hätte er selber den Befehl ausgeführt – zumindest nach der Konfrontation mit Samuel. Dass er es nicht tat, ist ein weiterer Hinweis, dass seine Umkehr nicht echt war.

Der König von Amalek personifiziert die Sünde in unserem Leben. Es nützt nichts, zu bekennen „Ich habe gesündigt“ und um Vergebung zu bitten, solange du den „König von Amalek“ am Leben lässt in deinem Herzen. Welches ist der „König von Amalek“ in deinem Leben, die Sünde, die du immer noch tolerierst, und die du schon lange hättest „töten“ sollen?

Wir sehen hier auch, wie schwierig es gerade für Autoritätspersonen ist, von Herzen umzukehren. Strebe keine Leiterschaftsposition an, solange du nicht fähig bist, vor deinen „Untergebenen“ ehrlich und ohne Umschweife deine Sünden zugeben zu können, ohne Rücksicht darauf, wie du nachher vor ihnen dastehst.


Sehen wir jetzt den Fall des Königs David an. David fiel auch in Sünde – und wenn wir näher hinsehen, in eine schlimmere Sünde als die Sünde Sauls: Er beging Ehebruch mit Bathseba, und liess den Ehemann Bathsebas mit List töten. Dennoch vergab Gott David, während er Saul nicht vergab. David wird sogar „ein Mann nach dem Herzen Gottes“ genannt. Was war der Unterschied?

Im Psalm 51 haben wir das Gebet Davids, nachdem er vom Propheten Nathan konfrontiert worden war:

„Hab Mitleid mit mir, oh Gott, nach deiner Barmherzigkeit;
nach der Grösse deines Erbarmens lösche meine Sünden aus.
… Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und habe das Böse getan vor deinen Augen…
Siehe, du liebst die Wahrheit im Innersten,
und im Verborgenen liessest du mich Weisheit verstehen.
… Schaffe in mir, oh Gott, ein reines Herz, und erneuere einen aufrichtigen Geist in mir.
Verwirf mich nicht von deiner Gegenwart, und nimm deinen Heiligen Geist nicht weg von mir.“
(Psalm 51, 1.4.6.10.11)

David wendet sich zuallererst an Gott. Er ist sich sehr bewusst, dass die erste Person, die durch seine Sünde verletzt wurde, Gott selber ist. „Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt…“ Gott ist auch der einzige, der David wiederherstellen kann. Alles andere ist im Vergleich dazu zweitrangig.
Dann sehen wir, was die tiefste Sehnsucht im Herzen Davids ist. Nicht die Ehre vor dem Volk; nicht das Entrinnen vor Gottes Strafe. Seine tiefste Sehnsucht ist „ein reines Herz und ein aufrichtiger Geist“. Das ist die Sehnsucht eines Menschen, der wirklich umgekehrt ist. Es kümmert ihn nicht, was die Leute sagen – tatsächlich legten die Leute Davids Verhalten nach seiner Umkehr völlig falsch aus, und er stand dann sehr schlecht da vor ihnen. Aber David wusste, dass Gott „die Wahrheit im Innersten liebt“, da, wo niemand hinsieht. Das war ihm wichtiger als alles andere.
Jemand hat einmal gesagt: „Deine Integrität zeigt sich in dem, was du tust, wenn niemand zusieht.“
Das war die Integrität, die David hatte. Deshalb vergab ihm Gott und verwarf ihn nicht. Obwohl David auch leiden musste, nahm ihm doch Gott weder das Königreich noch das Leben, wie er es mit Saul getan hatte.

Gott sucht die wahre Umkehr. Welcher Art ist deine Umkehr? Von der Art Sauls oder von der Art Davids? Ist es eine Umkehr nur vor den Menschen, oder eine echte Umkehr vor Gott, der „ins Verborgene sieht“?


Nachbemerkung: Diesen Artikel hatte ich schon vor Jahren zuerst auf Spanisch verfasst. Etwas später fand ich, dass manche der alten Erweckungsprediger (John Wesley, Charles Finney, Dwight L.Moody, …) diese Thematik ebenfalls behandelt hatten, z.T. sogar unter dem wortwörtlich gleichen Titel. Nicht dass ich etwa von ihnen abgeschrieben hätte – das Thema scheint sich einfach aufzudrängen, wenn man anfängt, sich etwas mehr um den geistlichen Zustand seiner Mitmenschen zu kümmern, welche die Kirchen und Gemeinden bevölkern.
Heute allerdings wird man vom sogenannten „evangelikalen Mainstream“ als komischer Kauz oder Extremist angesehen, wenn man diese Themen anspricht. – Apropos „Mainstream“: In meiner Jugend wurde in christlichen Jugendgruppen oft ein Lied gesungen: „Sei ein lebendiger Fisch, schwimme doch gegen den Strom … Nur die toten Fische schwimmen immer mit dem Strom, lassen sich von allen andern treiben …“ Dieses Lied – bzw. seine Aussage – ist heute wohl nicht mehr allzu populär?